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Was ein Loch in der Kirchendecke mit Pfingsten zu tun hat

Flammen, Tauben, Teufelspuppen: In Heidelberg zeigt ein mittelalterliches Loch in der Kirchendecke, wie anschaulich früher vom Heiligen Geist erzählt wurde – und was davon heute bleibt.

Gewölbemalerei "Engelskonzert" und Schlussring im Mittelschiff in der Heiliggeistkirche in Heidelberg
Gewölbemalerei "Engelskonzert" und Schlussring im Mittelschiff in der Heiliggeistkirche in Heidelbergepd-bild/Manfred Schneider

Weltweit feiern Christen an Pfingsten das Fest des Heiligen Geistes: Gott schenkt seinen Geist nicht einzelnen Auserwählten, sondern jedem und jeder Gläubigen. Doch wie soll man etwas darstellen, was mit den Augen nicht zu sehen ist? Kirchenbaumeister im Mittelalter hatten die clevere Idee, eine Öffnung in die Kirchendecke einzulassen, zum Beispiel in der mehr als 600 Jahre alten Heidelberger Heiliggeistkirche.

Weil Tauben ein beliebtes Symbol für den Heiligen Geist und damit für Pfingsten sind, habe man durch diese Öffnung im ausgehenden Mittelalter weiße Tauben in den Kirchenraum fliegen lassen, erklärte der Heidelberger Citykirchenpfarrer Vincenzo Petracca dem Evangelischen Pressedienst (epd). Das gehe heute natürlich aus Tierschutzgründen gar nicht.

Flammen sind beliebtes Pfingst-Symbol

Zudem seien an Pfingsten auch brennende Feuerstücke hinabgeworfen worden, um die Ausgießung des Heiligen Geistes auf die Apostel als Feuerzungen zu inszenieren. Dies beziehe sich auf die Pfingsterzählung in der Bibel. Dort ist die Rede von Flammen, auch ein beliebtes Pfingst-Symbol. So heißt es in der Apostelgeschichte, beim Treffen der Jünger „sah man etwas wie Feuer, das sich zerteilte, und auf jeden von ihnen ließ sich eine Flammenzunge nieder“. Darauf geht wohl auch die Redewendung „Feuer und Flamme sein“ für „begeistert sein“ zurück.

Das „Heilig-Geist-Loch“ befindet sich inmitten eines mittelalterlichen Freskos „Engelkonzert“ aus dem 15. Jahrhundert. Die Öffnung im Mittelschiff des Gotteshauses werde aber auch „Pfingst-Loch“ oder „Himmelfahrts-Loch“ genannt, sagte der evangelische Theologe. Denn das „größte Spektakel“ habe es früher an Christi Himmelfahrt gegeben.

Pfingsten: Aufgefahrener Jesus hat den Satan gestürzt

An diesem Tag habe man durch das Loch eine Jesus-Statue hochgezogen, erläuterte Petracca. Sobald die Füße der Figur in der Decke verschwanden, habe man eine Teufelspuppe hinuntergeworfen. Diese sollte den Menschen dramatisch vor Augen führen: „Der aufgefahrene Jesus hat den Satan gestürzt.“ So habe man das „Bedürfnis des einfachen Volks nach Spektakel“ nutzen wollen, um szenisch zu predigen.

Die Heidelberger Heiliggeistkirche gilt als eine der meistbesichtigten Kirchen Deutschlands mit mehr als einer Million Besuchern jährlich. Heute werde das „Pfingstloch“ nur noch zu ausgewählten Ereignissen genutzt, so Petracca: „Beim Gedenkgottesdienst zum 100. Geburtstag von Sophie Scholl 2021 ließen wir aus dem Pfingstloch weiße Blütenblätter ins Kirchenschiff regnen.“