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Warum Christen seit 16 Jahren vor der Asse demonstrieren

Der Atommüll in der Asse bereitet vielen Menschen Sorge. Die Schachtanlage ist instabil, und es gibt keinen Notfallplan.

Vor dem Asse-Schacht: Vier Mal im Jahr halten Menschen wie Paul Koch hier unter dem Motto „Wachet und betet“ Andacht.
Vor dem Asse-Schacht: Vier Mal im Jahr halten Menschen wie Paul Koch hier unter dem Motto „Wachet und betet“ Andacht.Bodo Walther

Paul Koch fühlt sich verschaukelt. „Eigentlich war uns ein Gespräch mit der Umweltministerin zugesagt“, erzählt der ehemalige Diakon. Doch Steffi Lemke sei bei ihrem Besuch in der Asse vor wenigen Wochen heimlich in die Anlage gelangt und so einem Gespräch mit Bürgerinnen und Bürgern ausgewichen. Für Koch ist das eine Enttäuschung mehr, wenn er an die 126.000 Metallfässer mit Atommüll und die radioaktiv verseuchte Salzlauge in der Asse denkt. Wie viele andere in der Region südlich von Wolfenbüttel hat er Angst, dass auch das Grundwasser kontaminiert werden könnte.

„Seit 50 Jahren treibt uns die Asse um“, sagt der 76-Jährige, der nur sieben Kilometer von der Schachtanlage Asse 2 entfernt wohnt. Dort wurde seit Mitte der 60er-Jahre radioaktiver Abfall, darunter Kernbrennstäbe, zu Forschungszwecken eingelagert, bis eine Gefahreneinschätzung Mitte der 90er-Jahre eine Schließung erforderlich machte. Das ehemalige Salzbergwerk sei instabil, hieß es.

Seit 16 Jahren hält Paul Koch Asse-Andachten

Vor 16 Jahren ist Koch, der lange als Diakon für sozialdiakonische Dienste in der Propstei Schöppenstedt tätig war, dann selbst politisch aktiv geworden. Lange habe man von den Gefahren nichts gewusst. Doch dann sei bekannt geworden, dass Wasser in die Asse eingetreten und radioaktiv verseucht sei, sagt Koch wütend: „Wir wurden die ganze Zeit nur hingehalten und schlecht informiert. Es ist befremdlich, wenn offizielle Stellen lügen.“

Seit 16 Jahren hält Paul Koch nun regelmäßig zusammen mit rund 20 bis 30 weiteren Christinnen und Christen aus der Region sogenannte Asse-Andachten vor dem Eingang zur Schachtanlage Asse 2. „Wir wollen die Kritik am Umgang mit dem Atommüll wachhalten“, sagt Koch. Mittlerweile plagt ihn nämlich noch eine weitere Sorge: dass direkt auf dem instabilen Salzbergwerk ein Zwischenlager für weiteren Atommüll gebaut werden könnte. „Wir erleben einen Betreiber, der nach dem Motto ‚Nach mir die Sintflut‘ arbeitet. Da fasst man sich an den Kopf.“

Die Zukunft der Anlage und des radioaktiven Abfalls ist derzeit ungewiss. „Wir können nur darauf drängen, dass die Rückholung der Fässer beginnt und das Volumen der radioaktiven Abfälle erfasst wird“, sagt der Hornburger Pfarrer Olaf Schäper, der sich im Umweltausschuss des Landkreises Wolfenbüttel engagiert. Zusätzlich müssten endlich Kriterien für einen Notfallplan aufgestellt werden. „Außerdem brauchen wir einen Begleitprozess, der die Ängste und Sorgen der Menschen aufnimmt.“

Terminhinweis: Die nächste Asse-Andacht findet am Sonntag, 22. September, um 18 Uhr gegenüber der Einfahrt zur Schachtanlage Asse 2 statt.