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VW-Seelsorger hofft auf “gute Lösung für beide Seiten”

Pastor Dirk Wagner arbeitet als Industrie-Seelsorger in Wolfsburg. Er begleitet VW-Mitarbeitende vom Bandarbeiter bis zum Manager. Dabei hilft ihm seine frühere Arbeit im Straßenbau.

Der Wolfsburger VW-Konzern steckt in der Krise
Der Wolfsburger VW-Konzern steckt in der KriseImago / Regios24

Der Industrie-Seelsorger Dirk Wagner hofft im Tarifstreit zwischen Volkswagen und IG Metall auf “eine gute Lösung für beide Seiten”. Der Autobauer und die Gewerkschaft verhandeln in dieser Woche zum fünften Mal über Stellenabbau, Werkschließungen und Lohnkürzungen. Der Druck auf beide Tarifparteien ist hoch, noch vor Weihnachten ein Ergebnis zu erzielen, damit die Beschäftigten nicht ungewiss in die Weihnachtsfeiertage gehen müssen. “Die Wut ist da und die Stimmung mies”, berichtet Wagner, der etwa zweimal in der Woche in Wolfsburg als Industrie-Seelsorger tätig ist.

Wagner ist seit 2015 Industrie-Seelsorger im Raum Wolfsburg; damals erlebte der VW-Konzern mit dem Dieselskandal seine bislang größte Krise. 2024 ist für die Beschäftigten ebenfalls ein einschneidendes Jahr: VW kündigte erstmals seit Jahrzehnten die Beschäftigungssicherung auf, der Autobauer will Werke schließen und fordert von den Mitarbeitenden einen Lohnverzicht von zehn Prozent. Die IG Metall legte im Gegenzug ein Konzept vor, mit dem VW demnach 1,5 Milliarden Euro einsparen könnte, ohne Arbeitnehmer zu entlassen oder Fabriken zu schließen.

Mehr Anfragen nach Seelsorge bei VW

Der evangelische Pfarrer erklärt, er versuche, für jede Seite im Tarifkonflikt Verständnis aufzubringen. “In der gesamten Branche weht derzeit ein rauerer Wind”, so Wagner. Bereits jetzt seien Firmen, die VW zulieferten, unmittelbar vom Spardruck des Autobauers betroffen. “Da wird der Hahn schon abgedreht. Die Sorgen sind dichter dran an Existenzängsten, während sie bei den VW-Werkern noch diffus sind”, erklärt der Seelsorger, der eigenen Angaben zufolge Gespräche führt “vom Bandarbeiter bis zum Manager”.

Aktuell werde er zwar nicht vermehrt als Seelsorger angefragt. “Ich kann mir aber vorstellen, dass mehr kommen, wenn Kündigungen auf dem Tisch liegen.” Allerdings machten sie einige durchaus Gedanken: Was macht etwa der Mittfünfziger, wenn ihm der “goldene Handschlag” angeboten wird? Soll er das Abfindungsangebot annehmen oder nicht, kann er sich vorstellen, eine neue Arbeit zu suchen? “Sie spielen das schon durch, auch wenn noch nichts ausgesprochen ist”, sagt Wagner.

Der Industrie-Seelsorger blickt selbst auf ein bewegtes Berufsleben zurück. Wagner, Mitte 60, ist ausgebildeter Vermessungsingenieur und war rund 30 Jahre im Straßenbau tätig, zuletzt als Niederlassungsleiter. Sein als junger Mann abgebrochenes Theologiestudium nahm er später berufsbegleitend wieder auf – und ist nun seit neun Jahren als Pfarrer tätig. “Die Leute sagen ‘Du sprichst unsere Sprache'”, berichtet er. Er wisse, wie Betriebe funktionierten. “Das ist hilfreich, ich verstehe das Denken von Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite.”