Mit der Zukunft der Aufarbeitung und der Erinnerungskultur in Ostmitteleuropa und in Deutschland beschäftigt sich am 23. Oktober (18 Uhr) eine Vortrags- und Podiumsveranstaltung in Schwerin. Anlass sei die erste Montagsdemo vor 35 Jahren in Schwerin, wie der Landesbeauftragte Mecklenburg-Vorpommerns für die Aufarbeitung der SED-Diktatur, Burkhard Bley, am Mittwoch in Schwerin mitteilte. Jörn Happel und Melanie Hussinger von der Helmut-Schmidt-Universität/Universität der Bundeswehr Hamburg werden dazu referieren. Anschließend gibt es eine Podiumsdiskussion über die Zukunft der Aufarbeitung mit Steffi Brüning, Leiterin der Dokumentations- und Gedenkstätte Rostock, Luisa Taschner vom Grenzhus Schlagsdorf und dem stellvertretenden Landesbeauftragten Lars Tschirschwitz.
Burkhard Bley sagte laut Mitteilung: „35 Jahre nach der friedlichen Revolution und angesichts des Erstarkens politischer Kräfte, welche die Diktaturaufarbeitung in Frage stellen, zu vereinnahmen und zu instrumentalisieren versuchen, sollten wir aus den Erfahrungen postkommunistischer Länder Ostmitteleuropas lernen und die Zukunft der Aufarbeitung diskutieren.“ Aus Verantwortung für die Betroffenen von Repression und um den folgenden Generationen den Wert von Demokratie und Freiheit zu vermitteln, könne und dürfe es keinen Schlussstrich bei der Aufarbeitung der SED-Diktatur geben.
In der Schweriner evangelischen Paulskirche fand den Angaben zufolge am 2. Oktober 1989 das DDR-weit erste öffentliche Treffen des Neuen Forums statt. Nach der Montagsdemonstration am 9. Oktober in Leipzig protestierten auch im Norden der DDR Bürgerinnen und Bürger: Am 16. Oktober 1989 versammelten sich in Waren (Müritz) 400 Menschen zur ersten größeren Demonstration im Norden, es folgten Neubrandenburg mit 5.000 Teilnehmern am 18. Oktober, Rostock mit 10.000 Menschen am 19. Oktober und am 23. Oktober Schwerin mit 40.000 Demonstranten.
Bereits während der friedlichen Revolution 1989/90 wurden laut Mitteilung Forderungen nach einer Aufarbeitung der SED-Diktatur laut, insbesondere zur Amnestierung und Rehabilitierung politischer Häftlinge. Bekannt geworden sei der Fall von Walter Janka, dessen Kassationsverfahren im Januar 1990 für die Verurteilung in einem Schauprozess 1957 begann, hieß es. Ein Kassationsverfahren ist ein rechtliches Verfahren zur Überprüfung und gegebenenfalls zur Aufhebung eines Urteils.