Auf der Suche nach einem Partner oder einer Partnerin kann man nur drei Dinge wirklich falsch machen: Gar nicht vor die Tür gehen. Verzweifelt auf der Suche sein. Oder nicht wissen, was man sucht. Das ist die Erfahrung des Paartherapeuten Christian Hemschemeier. Die Sehnsucht nach Gemeinschaft, nach einer Partnerschaft ist im Menschen angelegt. In seinem neuen Beziehungs-Ratgeber „Der Liebescode“ vermittelt Hemschemeier verständlich und komprimiert wichtige Informationen über Partnerschaft.
Bindungsmuster in der Kindheit geprägt
Vieles von dem, was der Psychologe aus Hamburg über Partnerschaften schreibt, kann auch auf Freundschaften und weitere Beziehungen in anderen Lebensbereichen übertragen werden. Klar ist: Der Mensch ist ein „Bindungstier“. „Bindung zieht sich durch unser ganzes Leben“, so Hemschemeier. „Wie wir zu anderen stehen, wie integriert wir sind, ob wir unglücklich oder glücklich in Kontakten sind – das ist ein Hauptthema unseres ganzen Seins.“
Die Grundlagen für unsere Bindungsfähigkeit werden früh gelegt. Der Psychotherapeut spricht von einem Liebescode oder Liebeschip – darunter versteht er die Prägung, die jeder Mensch in den ersten Lebensjahren erlebt hat. Denn das, „was wir in Schwangerschaft und Kindheit erleben, schafft ein ziemlich hartnäckiges Geflecht von Vorstellungen und Erwartungen an alle Arten von Beziehungen, insbesondere an Liebesbeziehungen“. Auch wenn diese Prägungen hartnäckig sein können, Hemschemeier geht davon aus, dass sie sich ändern lassen.
Je nachdem wie ein Mensch geprägt ist, wird er es später leichter oder schwerer in Beziehungen haben. Hemschemeier nennt vier Bindungmuster, die bereits in der Kindheit entstehen.
Die sichere Bindung: Menschen mit dieser Prägung können sich relativ leicht auf andere einlassen. Sie haben einen guten Zugang zu sich selbst, können angemessen kommunizieren und suchen nicht den „perfekten“ Partner. Außerdem können sie gut allein sein.
Die unsicher-besorgte Bindung: Für diese Personen hat Beziehung einen sehr hohen Stellenwert. Sie neigen zu Verlustangst und wollen immer wieder Sicherheit vermittelt bekommen. Oftmals kennen sie ihre eigenen Bedürfnisse nicht oder sie fordern sie nicht ein. Sie leiden extrem unter Liebeskummer. Unter Umständen machen sie sich von ihrem Partner oder Partnerin abhängig und sind kaum in der Lage, eine Beziehung zu beenden, selbst wenn sie ihnen nicht gut tut.
Unsicher-vermeidende Bindung: Dieses Muster entsteht, wenn jemand als Kind gelernt hat, dass man nichts von den anderen erwarten kann. Ein Erwachsener mit diesem Muster spaltet seinen Wunsch nach Bindung und Beziehung ab. Er fürchtet sich vor Bindung und wirkt, als wolle er gar keine richtige Beziehung. Geht er dann doch eine Partnerschaft ein, vermeidet er zu viel Nähe, kann kühl oder auch verletzend sein.
Vermeidend-ängstliche Bindung: Diese Menschen haben sowohl Bindungs- als auch Verlustangst. Sie sehnen sich nach Nähe und fürchten zugleich, verletzt zu werden, wenn sich sich jemandem zu sehr öffnen. Das führt zu einem ausgeprägten „Komm-her-geh-weg-Verhalten“. Für das Gegenüber kann das sehr verwirrend sein.
Hemschemeier sagt: „Alle vier Bindungsmuster sind erst mal nichts ,Krankes‘. Wenn aber extreme Ausprägungen von Bindungs- und Verlustangst auftreten, werden Beziehungen leicht ,toxisch‘.“ Damit meint er, sie können zwar intensiv sein wie Achterbahn fahren, aber sie tun einem definitiv nicht gut.
In seiner 20-jährigen Erfahrung als Paarexperte hat Hemschemeier viele Paare erlebt, die sich nicht gut tun. Typisch für solche giftigen Beziehungen ist, dass sie es nicht schaffen, sich zu trennen. Das Ganze verhält sich „wie Stecker und Steckdose“, sagt Hemschemeier. „Diese intensive Anziehung wird für Liebe gehalten, der Schmerz wird unter Leidenschaft abgebucht.“ Ein großes Thema in diesen toxischen Partnerschaften ist Kontrolle. Einer von beiden kontrolliert den gesamten Kontakt: Er hält den anderen in einer bestimmten (entfernten) Position und nutzt ihn für die Zwecke des eigenen Egos aus. „Dieser kontrollierende Pol nimmt auch die Energie des anderen auf, weil er oder sie aufgrund innerer Leere selber kaum Energie erzeugen kann. Diesen Pol nenne ich den Minus-Pol“, so Hemschemeier.