Seine Bilder finden sich in Schulbüchern und Kirchen. Kernstück seines Schaffens war die Auseinandersetzung mit der Bibel. Erinnerung an den Künstler und Priester Sieger Köder, der vor 100 Jahren geboren wurde.
Auch im hohen Alter war Sieger Köder noch aktiv. “Ich hoffe, dass ich auch mit Bildern predigen kann”, lautete das Credo des Malers und Priesters, der am 3. Januar 100 Jahre alt geworden wäre. Für den knorzigen Schwaben bildeten Kunst und Religion keine Gegensätze. Das spannungsreiche Verhältnis wurde ihm zu einem Quell der Inspiration: Der im heute zu Aalen gehörenden Wasseralfingen geborene Köder schuf für viele Kirchen großformatige Altarbilder.
Die Wasseralfinger Sankt-Stephanus-Kirche beherbergt gleich mehrere Kunstwerke von ihm. Neben der Krippe – dort hat sich Sieger Köder selbst verewigt als Künstlerpfarrer mit Schürze und Pinsel – und den hängenden goldenen Engeln ist dort ein Kreuzweg zu sehen. Ein weiterer Blickfang: der von ihm gestaltete Frauenaltar mit Maria im Mittelpunkt, daneben Mutter Theresa, Edith Stein, Elisabeth von Thüringen und Jeanne d’Arc.
Köder nutzte häufig bekannte Motive, bürstete sie aber gegen den Strich: So zeichnete er den Apostel Paulus, der sich als “Narren um Christi willen” bezeichnete, als Clown. Und statt des Kindes malte er eine aufgeschlagene Bibel in der Krippe. Nicht wenige Motive finden sich heute in Schulbüchern. Bei aller Bescheidenheit nannte er für sein künstlerisches Wirken große Vorbilder. Er orientiere sich an Picasso, Goya, Chagall oder El Greco.
Zunächst war Köder Kunsterzieher und Englischlehrer, mit 40 Jahren entschloss er sich zum Theologiestudium und wurde 1971 Priester. Zu seinen Professoren gehörten so unterschiedliche Denker wie Hans Küng und der spätere Papst Benedikt XVI. “Professor Ratzinger hat mir ausreichende Dogmatikkenntnisse bescheinigt”, erzählte er einmal. Als Ratzinger 2005 zum Papst gewählt wurde, schickte Köder dem alten Lehrer ein Bild zum Pfingstmotiv nach Rom.
Als bekannteste Werke Köders gelten die “Tübinger Bibel” von 1967 und das Bild “Das Mahl mit den Sündern”, das seit 1973 in der Villa San Pastore der Jesuiten bei Rom zu sehen ist. 1996 machte ihn die Gestaltung des Misereor-Hungertuchs bekannt. Auf dem Hohenberg im Ostalbkreis schuf Köder rund um die Jakobuskirche Ausschmückungen zum Motiv des Pilgerns und des Jakobswegs.
2003 erhielt Köder, der bis zum Alter von 70 Jahren als Gemeindepfarrer wirkte und der mit dem baden-württembergischen Landesorden ausgezeichnet wurde, als erster überhaupt die Ehrendoktorwürde der oberbayerischen Salesianer-Hochschule Benediktbeuern.
Zuletzt wohnte Köder in einem Altenheim der Anna-Schwestern in Ellwangen. Deren Hauskapelle stattet er noch mit Jakobsmuscheln aus, seinem Lieblingswegzeichen als Jakobspilger. Am 9. Februar 2015 starb der Künstler. Noch zu seinen Lebzeiten hatte in Ellwangen ein Museum mit 60 seiner Werke eröffnet, das Besuchern bis heute einen Eindruck vom vielgestaltigen Werk des Künstlers ermöglicht.
Den Tod wollte Köder nicht als Endpunkt verstanden wissen, wie er 2009 in einem Interview erzählte. “Ich werde auch einmal so daliegen, und dann hoffe ich dass es in die andere Richtung geht.” Die andere Richtung, das sei der Himmel. Hinter Köders Grab in Wasseralfingen hängt ein von ihm selbst gefertigtes Relief. Es stellt die Verklärung am Berg Tabor dar: Oben Moses und Elias, zwischen ihnen nicht sichtbar der vom hellen Licht überstrahlte Jesus, unten die Apostel Petrus, Jakobus und Johannes. Eine Szene, die zu seinem Selbstverständnis passt. Er sah sich als kleinen Propheten, “der halt nicht sprechen, sondern malen kann”.