Ein Bundeskanzler, ein US-Präsident, eine EU-Kommissionspräsidentin sind schon 1.000 Mal durchleuchtet, bevor sie sich überhaupt zur Wahl stellen können. Bei Leo XIV. ging das nicht. Nun also: ein Papst im Schnell-Check.
Rund um den Globus fliegen die Details zum Vorleben des neuen Papstes. Alle wollen wissen: Wer ist dieser Robert Francis Prevost/Leo XIV.? Die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) spielt mit – und buchstabiert den ersten US-Peruaner auf dem Stuhl Petri munter durch:
Augustiner: Leo XIV. ist wieder ein Ordensmann – und damit ein echter Global Player im Vatikan. Er hat die Welt gesehen, weite Wege gemacht und mit angepackt. Seine Ordensbrüder (und -schwestern) zeigen sich wie elektrisiert von seiner Wahl.
“Bob”: Aus “Bob”, dem Baumeister bei den Augustinern, wurde erst Kardinal Robert, Leiter der vatikanischen Bischofsbehörde, und nun Papst Leo. Hoffen wir, dass er den Bruder Bob in seinem Leben im Vatikan nicht allzu sehr wird vermissen müssen.
Chicago und Chiclayo: zwei Schicksalsorte des neuen Papstes. An dem einen in den USA wurde er geboren, wuchs er auf; am anderen, in Peru, war er Bischof, ernannt von seinem Vorgänger Papst Franziskus. Der Name “chicagou” bedeutete übrigens im Indianischen “reich an Bärlauch” bzw. an Ramp-Lauch – während “chiclayo” wohl indigen eine süß schmeckende Kürbisart kennzeichnete.
Diplomatie: Päpste waren und sind – mal mehr, mal weniger – Akteure der Weltpolitik. Ob als Betreiber der Kreuzzüge, als Wohl oder Wehe rivalisierender Herrscher, als Profiteure von Eroberungen und Kolonialisierung oder als Versöhner, Friedensmahner und Vermittler. Papst Leo wird sich mutmaßlich eher in der zweiten, zeitgenössischen Abteilung engagieren.
Enzykliken: Die Industrielle Revolution im 19. Jahrhundert wälzte die Menschheit radikal um; die sogenannte Soziale Frage der Arbeiterschaft stand im Raum. Als Antwort der Kirche legte Leo XIII., der Namensvorgänger des neuen Papstes, 1891 sein Lehrschreiben (Enzyklika) “Rerum Novarum” vor. Seitdem legen die Päpste die kirchliche Soziallehre gemäß den wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Bedingungen ihrer Zeit aus. Wird der Mathematiker Leo XIV. seine erste Enzyklika dem Thema KI widmen?
Fotos: Der Papst zählt zu den meistfotografierten Personen weltweit. Jeder will ihn haben, erst recht in den ersten Tagen seiner Amtszeit. Heutzutage fällt dann sogar beim Segnen auf, dass Leo XIV. eine Taucher-Uhr der Schweizer Firma Wenger trägt. Der Preis: noch moderat.
Geheimhaltung: Eigentlich gilt ja für das Konklave strengste Geheimhaltung – unter Androhung der Exkommunikation, also des Ausschlusses aus der kirchlichen Gemeinschaft. Doch Plauderlaune bei einzelnen Kardinälen, KI und akribisches Zusammentragen haben dafür gesorgt, dass der Hergang der Papstwahl bis in die einzelnen Wahlgänge diesmal schon gut rekonstruierbar ist.
Haus: Ein Haus geht durch die Decke! Eine unscheinbare Immobilie in der Vorstadt von Chicago, 2024 noch für 66.000 Dollar erstanden, könnte den Käufer/Verkäufer nun reich machen. Denn es war das Elternhaus des neuen Papstes.
Italien: Der neue Papst ist überall in der Welt zu Hause – aber er ist auch US-Amerikaner. Zwar bewerben sich bereits Lokale in Chicago als “Lieblingspizzeria des Papstes”. Doch kann Leo XIV. – wenn er sie denn tatsächlich mag – mit solcherart Kalorienbombe “Chicago Style” in Italien sicher keine Punkte machen.
Jugend: Wie kommt der smarte Leo XIV. bei der katholischen Jugend an? Spätestens der nächste Weltjugendtag 2027 in Südkoreas Hauptstadt Seoul wird das zeigen; oder das Heilig-Jahr-Treffen der Jugend ab Ende Juli in Rom – aber wichtig ist diese Frage allemal schon jetzt.
Kreol: Die zum Teil kreolische Identität, in der Leo XIV. mütterlicherseits wurzelt, spiegelt ein besonderes Kapitel US-amerikanischer Geschichte wider. Im Louisiana des 18. und 19. Jahrhunderts entstand eine einzigartige Gesellschaft, in der sich europäische, afrikanische und indigene Einflüsse mischten.
Leo (Name): Ein neu gewählter Papst gibt sich oft einen Papstnamen, der symbolisch für ein Programm steht oder jemanden, den er nachahmen möchte. Leo XIV. hat bereits eine Affinität zum “Sozialpapst” Leo XIII. erklärt. In der Linie der Leos gibt es sogar mehrere große Päpste.
Milliardär: ist zuletzt jeder Papst gewesen. Zwar nicht in der Geldbörse – die ist leer und immer leerer -, aber bei der Mitgliederzahl von mehr als 1,4 Milliarden Katholiken weltweit. Die Finanzen wiegen schwer für Leo XIV. – aber auch auf das Thema M wie Missbrauch wurde er schon durchleuchtet.
Nizäa: Schon ganz kurz nach seiner Wahl gab der neue Papst dem Oberhaupt der Orthodoxie weltweit ein Signal: Er teile Franziskus’ großes Ziel, den 1.700. Jahrestag des frühchristlichen, ungeteilten Konzils von Nizäa 325 ökumenisch zu würdigen. Sein Vorgänger hat es nicht mehr geschafft.
Orden: Papst Franziskus hat die Zahl der Ordensmänner bei der Papstwahl verdoppelt – auf gut ein Viertel. Nicht unwahrscheinlich, dass das eine echte Wählergruppe der Weltkirche war – und auch in Zukunft sein könnte.
Pkw oder Pferd: Dem neuen Papst scheint es der Überlieferung nach egal, wie er die Entfernung zum nächsten Ziel überbrückt. Ein leidenschaftlicher Autofahrer soll er sein, heißt es. Aber auch zu Pferd wurde er als Ordensoberer gesehen, wo keine Straße ins Dorf führte.
Quechua: Sprachen sind für Leo XIV. wichtige Mittel zum Zweck. Portugiesisch spricht er und Französisch; Englisch sowieso, Spanisch und Italienisch. Auch “ein wenig” Deutsch spricht er; und Quechua, die Indigenensprache seiner zweiten Wahlheimat Peru.
Reiselust: scheint definitiv ungebremst – anders als bei Franziskus, dem man bei diesem Thema eher Trägheit nachsagte, dann aber eines Besseren belehrt wurde. Leo XIV. hat als Ordensoberer die ganze Welt bereist. Warum sollte er nun, als Oberhaupt von 1,4 Milliarden Katholiken, damit aufhören?
Singen: Erinnert sich jemand an einen Papst, der schön gesungen und die Töne getroffen hätte? Nun, hier ist einer.
Tennis: eine Leidenschaft, die Leo XIV. mit dem früheren Papstsekretär Georg Gänswein teilt. Vielleicht reicht es ja eines Tages für eine Ü-30-Partie. Einstweilen kann Tennis für den Papst Gelegenheit sein, weltliche Sünder zu empfangen, wie am Mittwoch den aus Südtirol stammenden Weltranglistenersten Jannik Sinner (engl. “Sünder”).
USA: Wird Leo XIV. der “Anti-Trump”? Das ist eine der meistgestellten Fragen seit der Papstwahl. Tatsächlich dürfte der “US-Papst” vor allem den Anspruch haben, *für* etwas zu stehen statt gegen jemanden. Gleichwohl: Inhaltliche Differenzen sind unübersehbar.
Vorfahren: hat Papst Leo in mehreren Kulturen (s. Kreol). Das macht ihn weltklug – und weniger anfällig für Vorurteile.
Wohnung: Wo wird der neue Papst wohnen? Im Gästehaus Santa Marta wie sein Vorgänger? Wahrscheinlicher: im Apostolischen Palast – Ausbüxen nicht ausgeschlossen.
X: Das X trägt der neue Papst schon im Namen: XIV. Und auf der Plattform X, einst Twitter, ist er – wie lange unterwegs? Na, 14 Jahre! Wenn das nichts für Kabbalisten und Verschwörungstheoretiker ist. Als Robert Prevost ging er auf X auch inhaltlich in den Infight. Das wird als @pontifex nicht mehr so geboten sein.
Yes!: Das Obama-Motto fällt nun auch ein bisschen auf die katholische Weltkirche, die einen Push zum Aufbruch braucht. Kann der “US-Boy” auf dem Stuhl Petri seiner Herde Beine machen?