Exponate, die berührt und bewegt werden dürfen, ja sogar sollen: eine solch ungewöhnliche Ausstellung wie die Schau „Imaginarium: faszinierend – spielerisch – geheimnisvoll“ hat es in der Kasseler Grimmwelt noch nicht gegeben. Zwar sind interaktive Elemente auf Ausstellungen inzwischen nichts Ungewöhnliches mehr, doch in diesem Maße wie hier sind sie eher selten. „Kinder und Erwachsene können ihren Spieltrieb ausleben“, lobt der Leiter der Grimmwelt, Jan Sauerwald. Gelegenheiten dazu gibt es mehr als genug.
Da sind sorgsam aufgebaute Puppen- und Marionettentheater, an denen sich jede Besucherin und jeder Besucher selbst ausprobieren kann. Das tschechische Puppen- und Marionettentheater ist weltberühmt und genießt den Schutz der Unesco als immaterielles Kulturerbe. Aber auch Kulissen aus realen Theaterstücken des Wandertheaters der Brüder Forman sind zu sehen. Alle stammen aus unterschiedlichen Aufführungen, die das Theater, das keinen festen Standort hat, anbietet. „Wir haben hier Kulissen etwa vom Stück Aladin und die Wunderlampe oder von der Oper Hänsel und Gretel“, sagt Matej Forman, einer der Gründer des Theaters. Die liebevoll erbauten Kulissen würden nach den Aufführungen nicht entsorgt, sondern sorgsam aufbewahrt.
Der Detailreichtum der zahlreichen Installationen ist faszinierend. Sie sind nicht von den Brüdern Forman allein gestaltet, sondern von vielen anderen Künstlern aus dem Umfeld des Theaters. Rund zehn davon sind in Kassel an der Ausstellung beteiligt.
Die Räume laden ein zum Verweilen – und vielfach auch zum Mitspielen. Altmodische Guckkästen, in denen man erst das Licht einschalten muss, bieten einen Blick in detailliert gestaltete Miniaturwelten. Mithilfe einer Kurbel bewegen sich diese sogar. So redet in einer Box Franz von Assisi mit den Tieren, in einer anderen treibt Graf Dracula sein Unwesen. „Es gibt viele versteckte Geschichten in den Installationen zu sehen“, sagt Matej Forman.
An einer Station darf man mit einer Armbrust gar auf einen Basilisken, ein mythisches Tier, das unter anderem den Teufel symbolisiert, schießen. Wer es weniger kriegerisch mag, kann sich an selbst hergestelltem Holzspielzeug erfreuen. Auch Filme gibt es zu sehen, etwa im „Ziegenkino“. Hier zeigt die Künstlerin Bärbel Haage zwei Kurzfilme mit Märchenbezug („Der Wolf und die sieben Geislein“). Für einen Film habe sie fünf Jahre lang eine Kamera auf einer Wiese installiert, die alle fünf Minuten ein Bild machte, erklärt sie. Das Ergebnis ist in den Film integriert.
„Die Zeit, die Erwachsene und Kinder vor Bildschirmen, verbringen, steigt an“, erklärt Jan Sauerwald. Die Ausstellung dagegen biete Dinge zum Anfassen an und ziele auf den Spieltrieb des Menschen. Statt einem Wisch über das Handy sind hier andere Fertigkeiten gefragt, nämlich Fantasie und Handarbeit, etwa mit den Marionetten. „Das Imaginarium soll zeigen, wie Ausstellungshäuser zukünftig funktionieren können, mit und für Publikum aller Altersstufen“, ergänzt er.