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Völkermord (Genozid)

Völkermorde, also die bewusste Tötung einer ganzen Bevölkerungsgruppe, sind bereits in der Antike bekannt. Historiker bewerten das 20. Jahrhundert jedoch als das Zeitalter der Völkermorde. Am 9. Dezember 1948 verabschiedeten die Vereinten Nationen eine “Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes” als Reaktion auf den Holocaust und die Verbrechen des nationalsozialistischen Regimes im Zweiten Weltkrieg. Als Völkermord oder Genozid definieren sie in dem vor 75 Jahren formulierten Dokument Handlungen, die in der Absicht begangen werden, eine “nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören”.

Dazu zählt die gezielte “Tötung von Mitgliedern der Gruppe”, aber auch Handlungen, die auf schwere körperliche oder seelische Schäden zielen, unzumutbare Lebensbedingungen, Maßnahmen zur Geburtenverhinderung oder die “gewaltsame Überführung von Kindern der Gruppe in eine andere Gruppe”. Strafbar im Sinne des Völkerrechts ist bereits die Absicht, eine andere Gruppe auszulöschen.

Den Begriff prägte der polnisch-jüdische Jurist Raphael Lemkin 1944. Das Wort setzt sich zusammen aus “genos” (Griechisch für Herkunft, Abstammung) und “caedere” (Lateinisch für morden, metzeln). Völkermord gilt als das Verbrechen der Verbrechen und ist laut Juristen wegen des besonderen Vorsatzes zur Vernichtung einer Gruppe schwer nachzuweisen.

Völkermord fällt unter das Völkerstrafrecht, ebenso wie Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und das Verbrechen der Aggression. Es wurde zum ersten Mal bei den Kriegsverbrechertribunalen von Nürnberg und Tokio 1945 angewendet. Seitdem gab es lediglich zwei Urteile wegen Völkermord, das betraf einmal das Massaker in Srebrenica (ehemaliges Jugoslawien) im Juli 1995 und in Ruanda (April bis Juli 1994).

Zuständig für die Verfolgung des Völkermords auf Ebene der Vereinten Nationen ist der Internationale Gerichtshof (IGH) in Den Haag. Dort wird nun auf Initiative Südafrikas das Vorgehen Israels im Gazastreifen nach dem Massaker der radikalislamischen Hamas vom 7. Oktober Gegenstand eines Verfahrens. Das ist möglich, weil Israel die Völkermord-Konvention der Vereinten Nationen anerkennt.