Mit seinen Fotos von New Yorker Wolkenkratzern machte Horst Hamann in den 1990er Jahren ein weltweites Publikum auf seine Arbeit aufmerksam. Das Markenzeichen des in Mannheim geborenen und international tätigen Fotografen ist die vertikale, also senkrechte Perspektive. Seit Herbst vergangenen Jahres war der 66-jährige Kurpfälzer mit seiner kleinen Leica-Digitalkamera unterwegs, um den Speyerer Dom aus unterschiedlichen Sichtwinkeln aufzunehmen.
„Horst Hamann – Kaiserdom Speyer“ heißt das Buch mit 79 Schwarz-Weiß-Fotos im extremen Hochformat sowie deutschen und englischen Begleittexten, das nun erschienen ist. Auftraggeber ist die Europäische Stiftung Kaiserdom zu Speyer. Diese will damit die Bekanntheit der fast 1.000 Jahre alten, größten romanischen Kirche der Welt fördern – und auch Geld für die Sanierung der beiden Osttürme sammeln.
„Durch ihre vertikale Ausrichtung und das konsequente Schwarz-Weiß ermöglichen die Fotografien Horst Hamanns ganz neue Sichtweisen auf den Dom“, würdigte der Speyerer Bischof Karl Heinz-Wiesemann. Der Verkauf von Hamanns Fotobuch könne einen Beitrag zu dessen Erhalt leisten, ergänzte der Domkustos und Domdekan Christoph Kohl bei der Präsentation am Mittwoch in Speyer. Jährlich müsse rund eine Million Euro dafür aufgewendet werden.
„Der Auftrag in völliger kreativer Freiheit ist ein Geschenk“, sagt Hamann, der rastlos zwischen London, Paris, New York und der Rhein-Neckar-Region pendelt. Das Unesco-Weltkulturerbe mit seiner in den Himmel strebenden Architektur sei eine besondere fotografische Herausforderung. „Der Dom ist eine Kraftquelle für mich“, sagt der frühere Messdiener Hamann, der mit seiner Fotokunst dem Dom auch ein persönliches Denkmal gesetzt hat.
„Verticals“ des Speyerer Doms hat Hamann für sein Fotobuch bei jedem Wetter und aus allen möglichen Perspektiven aufgenommen. Dafür kletterte er auch auf die Glockentürme und fotografierte auf dem Fahrrad vom Rhein aus das riesige Gotteshaus. Im nahe gelegenen Historischen Museum der Pfalz sind seine Dom-Fotografien von 11. Mai 2025 bis 11. Januar 2026 in einer Ausstellung zu sehen. Danach soll die Fotoschau in andere Domstädte wandern.
Auf Schwarz-Weiß-Fotos wirke nicht nur die Architektur der Metropolen am besten, sagt der weltläufige Fotograf, der ein Vierteljahrhundert in Manhattan lebte. Auch der Speyerer Dom brauche keine Farbe: Nur Kontraste zwischen Schwarz und Weiß ließen das Bauwerk in seiner schlichten Schönheit glänzen.
Dass er vor allem vertikal fotografiert, ist für Hamann selbstverständlich. „Der Mensch ist aufrecht“, sagt er. Der Blick richte sich immer von unten nach oben. In seiner Mannheimer „Galerie New York“ verwahrt Hamann nach eigenen Worten das größte vertikale Bildarchiv der Welt. Der Speyerer Dom, in dessen Gruft Kaiser, Könige und Bischöfe des Heiligen Römischen Reiches ruhen, besitze mit seiner mächtigen Architektur auch eine spirituelle Kraft. Jeder Betrachter – ob religiös oder nicht – habe – seine ganz eigene Sicht auf die Kathedrale.
Die Auswahl der Motive für das Fotobuch fiel Hamann nicht leicht. Die Bildfolge müsse „einen Rhythmus, einen Spannungsbogen“ haben, sagt der Fotograf. Nur eines von 36 Fotos eines „Shootings“ sei wirklich gut, laute eine alte Fotografenregel. Und was ist wohl die schönste Perspektive, die „Schokoladenseite“ des Speyerer Doms? Horst Hamann lächelt verschmitzt: „Das müssen Sie selbst als Betrachter entscheiden.“