Der Vatikan hat ein Dokument vorgestellt, das die Stellung des Papstes innerhalb der christlichen Kirchen in Ost und West verändern könnte. In dem Studiendokument mit dem Titel „Der Bischof von Rom“, das mit Zustimmung von Papst Franziskus in Rom veröffentlicht wurde, geht es vor allem um die Vormachtstellung des Papstes gegenüber anderen Kirchenoberhäuptern. In dem Text wird vorgeschlagen, dass diese den Papst als „Ehrenoberhaupt“ akzeptieren. Ein neues Verständnis des Papstprimats und eine veränderte Ausübung dessen sollten zur „Wiederherstellung der Einheit der Christen beitragen“.
Präsentiert wurde der Text von dem im Vatikan für die Ökumene zuständigen Kardinal Kurt Koch und vom Generalsekretär der Weltbischofssynode, Kardinal Mario Grech. Das 150-seitige Studiendokument ist eine Zusammenfassung der theologischen Reaktionen auf die Enzyklika „Ut unum sint“. In dem Lehrschreiben hatte Papst Johannes Paul II. im Jahr 1995 eine andere Art der Ausübung des Papstamts in Aussicht gestellt und die anderen christlichen Kirchen dazu eingeladen, im Dialog mit Rom nach einem gemeinsamen Verständnis des Amts zu suchen.
Unfehlbarkeit des Papstes? Katholische Kirche soll nach neuen Ausdrücken suchen
Der Vatikan schlägt in dem Dokument nun eine „Neuinterpretation“ bis hin zur „Neuformulierung“ der Lehren des Ersten Vatikanischen Konzils vor. Das Konzil hatte 1870 die Unfehlbarkeit des Papstes postuliert und ihm alle Macht in dogmatischen und kirchenrechtlichen Fragen zugesprochen. Diese Lehren seien „zutiefst konditioniert durch ihren historischen Kontext“ gewesen. Die katholische Kirche solle daher nach neuen Ausdrücken und Vokabeln suchen, die an den „aktuellen und ökumenischen Kontext“ angepasst seinen.
Als praktischer Schritt werden regelmäßige Treffen zwischen Kirchenführern auf weltweiter Ebene vorgeschlagen, um deren Gemeinschaft „sichtbar zu machen und zu vertiefen“. Ein Vorschlag ist auch, dass der Papst dazu berechtigt werden soll, ein konfessionsübergreifendes Konzil einzuberufen, dem er vorsitzen würde. Bei Konflikten könne er die Rolle des Mediators übernehmen. Kardinal Koch kündigte an, die Vorschläge würden nun anderen Kirchen zur Beratung zugeschickt. Man erhoffe sich „positive Antworten“ und setze auf weiterführende Gespräche.