Seit Jahren hängt in der Vorweihnachtszeit im Wohnzimmerfenster meiner Schwiegermutter ein beleuchteter Adventsstern. Regelmäßig geht der um 16 Uhr per Zeitschaltuhr an, leuchtet in die Dunkelheit. Ein Zeichen der Hoffnung gegen die Düsternis dieser Welt. Und um 22:30 schaltet er sich wieder aus. Pünktlich. Zuverlässig. Jahr für Jahr.
Bis vor kurzem. Denn nun ging die Schaltuhr den Weg alles Zeitlichen: Sie gab den Geist auf. Der technisch interessierte Schwiegersohn besorgte sogleich Ersatz: ein Kästchen, das per App und Smartphone gesteuert wird. Im Prinzip die gleiche Funktion wie bisher – pünktlich an, pünktlich aus – nur, dass man über das Smartphone noch viel mehr Möglichkeiten hat.
Warum der Adventsstern plötzlich flackerte
Und nun stellen Sie sich vor: Da sitzt Schwiegermutter mit ihren Freundinnen beim Kaffeeklatsch, schwelgt in Erinnerungen an Weihnachten anno dazumal, als plötzlich ihr Adventsstern in Zuckungen gerät. An, aus, an, aus – als hätte der Weihnachtsmann höchstpersönlich einen Anfall am Lichtschalter.
Was Schwiegermutter nicht ahnt: dass ihr Schwiegersohn, gerade auf Dienstreise und 400 Kilometer entfernt, seinen inneren Fünfjährigen entdeckt hat. „Guck mal, ich kann den Stern auch aus der Ferne blinken lassen!“, mag er gedacht haben, während er auf seinem Smartphone herumtippt wie einst Vladimir Horowitz auf dem Konzertflügel.
Flackernder Stern: War es der Geist von Weihnachten?
Die arme Frau. Vermutlich fürchtete sie, der Geist von Weihnachten sei erschienen, um ihr eine Botschaft zu überbringen. Oder schlimmer: dass der Stern ein Zeichen für das nahende Ende der Welt sei. Immerhin hatte sie jahrzehntelang einen verlässlichen, stoischen Stern im Fenster – und jetzt das. Aufgeregt ruft sie ihren Schwiegersohn an: „Der Stern spinnt!“ Nun ja, die Sache konnte aufgeklärt werden, und schließlich mussten alle herzlich lachen.
Dennoch hier eine Botschaft: Liebe Schwiegersöhne dieser Welt, an euren Smartphones, merkt euch – nicht alles, was smart ist, ist auch klug. Manchmal ist ein simpler Stern, der einfach nur leuchtet, ohne Schnickschnack und ohne Fernsteuerung, genau das Richtige. Besonders wenn man verhindern möchte, dass Schwiegermutter beim nächsten Kaffeekränzchen Exorzisten statt Plätzchen bestellt.
Einen fröhlichen Advent. Und möge Ihr Stern stets ruhig leuchten.