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Universitätsmedizin Mainz bekommt neuen Vorstand

Die mit ernsthaften Finanzproblemen kämpfende Mainzer Universitätsmedizin bekommt einen neuen Vorstand. Neuer Vorstandsvorsitzender und medizinischer Vorstand werde zum 1. Januar 2024 als Nachfolger von Norbert Pfeiffer der bisherige Ärztliche Direktor der Wiesbadener „Helios Dr. Horst Schmidt Kliniken“ (HSK), Ralf Kiesslich, gab Gesundheitsstaatssekretär Denis Alt (SPD) am Mittwoch bekannt. Der Kaufmännische Vorstand Christian Elsner wird die Universitätsmedizin „im Einvernehmen und auf eigenen Wunsch“ vorzeitig bereits Ende September verlassen. Seinen Posten soll zunächst die derzeitige Kanzlerin der Mainzer Universität, Waltraud Kreutz-Gers übernehmen.

Elsner habe dem Aufsichtsrat signalisiert, er könne aufgrund der Rahmenbedingungen seiner Aufgaben nicht wie erforderlich gerecht werden. Dennoch erhält er Alts Angaben zufolge eine Abfindung in Höhe von 500.000 Euro. Der Wissenschaftliche Vorstand der Universitätsmedizin soll im kommenden Frühjahr neu besetzt werden. Der Aufsichtsrat schlage dafür den Jenaer Immunologen Thomas Kamradt vor.

Schließlich werde er selbst sein Amt als Aufsichtsratsvorsitzender zum Jahreswechsel an Gesundheitsminister Clemens Hoch (SPD) übergeben, sagte der Gesundheitsstaatssekretär. Dieser Schritt sei als Signal an die Beschäftigten gedacht, dass das Land hinter der Universitätsmedizin stehe, erklärte Hoch. Ob der bisherige, 65 Jahre alte Vorstandsvorsitzende Pfeiffer über das Erreichen der Altersgrenze hinaus weiterhin Direktor der Klinik für Augenheilkunde bleiben wird, ließ der Minister zunächst offen. Marion Hahn bleibt als Pflegevorstand weiter im Amt.

Der scheidende Aufsichtsratschef Alt erklärte, das Land sehe die Verantwortung für das riesige Defizit nicht beim abberufenen Kaufmännischen Vorstand. Entscheidend seien die Rahmenbedingungen und die fehlende Refinanzierung durch die Krankenkassen. Ähnliche Probleme gebe es auch an anderen Universitätskliniken.

„Die Universitätsmedizin hatte einen recht unruhigen Sommer“, räumte der Staatssekretär ein. Im Gegensatz dazu habe die Findungskommission für die Neubesetzung des Vorstandes „sehr ruhig und sehr diskret“ getagt. Die neue Kaufmännische Vorständin Kreutz-Gers versprach, alles für ein Ende der anhaltenden Querelen unter den Führungskräften der Universitätsmedizin zu tun. Ihr Ziel sei, dass unterschiedliche Auffassungen nicht mehr in der Öffentlichkeit ausgetragen werden. „Ich freue mich auf diesen Neustart“, sagte der künftige Vorstandschef Kiesslich, der bereits von 2000 bis 2012 am Mainzer Universitätsklinikum tätig war. Er wolle den „schlingernden Tanker wieder in ruhige Gewässer“ bringen.

Das mit Abstand größte Krankenhaus in Rheinland-Pfalz mit 150 Professuren und fast 9.000 Beschäftigten steckt seit Jahren in gravierenden finanziellen Schwierigkeiten und erwirtschaftet seit langer Zeit jährliche Defizite im mittleren zweistelligen Millionenbereich. Im Sommer musste das Land die Obergrenze für Kredite an die Universitätsmedizin auf 750 Millionen Euro erhöhen. Zugleich plant das Land in den kommenden Jahrzehnten, den kompletten Klinik-Campus grundlegend zu modernisieren. Ein 2022 verabschiedeter „Bau-Masterplan“ sieht dafür Gesamtinvestitionen in Höhe von zwei Milliarden Euro vor.

Die rheinland-pfälzische Landtagsopposition sieht in den Entscheidungen einen Beleg für das Scheitern der bisher Verantwortlichen. Die Ablösung des Kaufmännischen Vorstands sei angesichts einer langen Liste von Vorwürfen und des Unmuts in der Belegschaft „längst überfällig“ gewesen, sagte der Mainzer CDU-Abgeordnete Gerd Schreiner. „Wir hoffen, dass durch die Personaländerungen jetzt Ruhe einkehrt und die Unimedizin nun gut gerüstet ist, die enormen, nicht nur medizinischen Herausforderungen zu meistern“, erklärte der gesundheitspolitische Sprecher der Freien Wähler, Helge Schwab.