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Uni Bayreuth forscht zu Musik in Konzentrationslagern

Musik hatte in der NS-Zeit eine besondere Bedeutung, sogar in Konzentrationslagern. Sie war Ablenkung und Zeitvertreib für Täterinnen und Täter, ein Mittel des Widerstands für die Häftlinge sowie ein Folterinstrument, erzählt Professor Anno Mungen. Er ist Leiter des Forschungsinstituts für Musiktheater an der Universität Bayreuth, das derzeit zusammen mit der polnischen Adam-Mickiewicz-Universität (AMU) zur Musikpraxis in Auschwitz-Birkenau forscht.

„Die Überlieferungssituation ist nicht gut. Das liegt daran, dass die Deutschen vor der Befreiung der Lager sehr viel Material und Akten zerstört haben“, so Mungen. In Auschwitz jedoch sei ein Archiv mit Notenmaterial erhalten geblieben. Daneben sei man sehr stark auf die Erinnerungen der Überlebenden angewiesen. „In Auschwitz ganz wichtig ist die Praxis gewesen, dass die ausziehenden und dann wieder zurückkehrenden Arbeitstruppen mit Marschmusik begleitet wurden“, erklärt Mungen. Dies habe zum Teil sehr lange gedauert, weil die Gruppen so groß waren. „Für die deutschen Täter hatte das eine Art Ordnungsfunktion, aber auch eine psychische Funktion. Man hat damit immer wieder darauf hingewiesen: Wir haben hier das Sagen.“

Bei einer Tagung vom 26. bis 28. November treffen sich internationale Fachleute und Studierende zu einer Konferenz direkt im ehemaligen Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz. Vor Ort könne man viel besser nachvollziehen, wo und wie beispielsweise Häftlingsorchester gespielt haben, sagt der Forscher. „Und allein schon die räumlichen Dimensionen von Auschwitz-Birkenau zu erleben, das ist eine ganz andere Erfahrung.“

Wichtig ist ihm, dass aus Bayreuth und der polnischen Adam-Mickiewicz-Universität viele Studierende und junge Forschende zu der Tagung kommen. „Unsere Studierenden in Bayreuth gehen oft nach der Uni in die Dramaturgie am Theater und nehmen das Thema mit.“ So könne die junge Generation als Vermittler wirken und das Erforschte und Erlebte in künstlerischen oder anderen Projekten umsetzen. Eine wichtige Frage sei ohnehin, was es 80 Jahre nach der Befreiung von Auschwitz für das Erinnern brauche – „gerade in einer Zeit, in der die Zeitzeugen immer weniger werden“, so Mungen. (3656/21.11.2025)