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Unfallforscherin: Sicherheit für Fußgänger ist ausbaufähig

Die Sicherheit von Fußgängern im Straßenverkehr ist nach Ansicht der Unfallforscherin Kirstin Zeidler noch immer ausbaufähig. „Da haben wir einen enormen Aufholbedarf“, sagte sie am Rande des 63. Deutschen Verkehrsgerichtstags in Goslar dem Evangelischen Pressedienst (epd). In den vergangenen 15 Jahren habe sich nach Auswertungen der Unfallforschung kaum etwas gebessert. Zeidler leitet die Unfallforschung des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft in Berlin.

Besonders gefährdet seien Heranwachsende bis zur Volljährigkeit sowie Ältere ab 80 Jahren. Bei den jungen Verkehrsteilnehmern seien in der Regel die kognitiven Fähigkeiten noch nicht voll ausgebildet, erläuterte Zeidler. „Selbst 14-Jährige könnten noch nicht so sicher wie Erwachsene die Geschwindigkeit eines herannahenden Autos abschätzen. Dazu kommt, dass es gerade im Teenager-Alter auch noch eine höhere Risikobereitschaft gibt.“

Ältere Menschen verlören mehr und mehr die Fähigkeit, Gesehenes rasch zu verarbeiten, ergänzte die Unfallforscherin. „Damit sinkt natürlich ihre Reaktionsfähigkeit als Fußgehende enorm.“ Hinzu komme der demografische Wandel: „Die Gruppe besonders Verletzlicher wächst im Zuge der immer älter werdenden Gesellschaft.“

Fußgänger seien statistisch häufiger Opfer als Unfallverursacher, sagte die Forscherin. Rund die Hälfte aller Unfälle mit ihnen werde von PKW verursacht, Fußgänger seien für jeden vierten Unfall verantwortlich. Tödliche Unfälle würden zu 19 Prozent durch LKW und Busse ausgelöst. In nur jedem dritten Fall würden sie jeweils von Fußgängern oder PKW verursacht.

Zeidler forderte daher deutlich mehr sogenannte Querungshilfen wie Mittelinseln, Zebrastreifen oder Ampeln. Zudem müssten an Kreuzungen und Grundstücksausfahrten oftmals die Sichtverhältnisse verbessert werden. „Das geht in der Regel über Parkverbote, aber das ist ein Thema, bei dem viele Kommunen eher zurückschrecken.“ Auch Technik könne Leben retten, etwa aktiv bremsende Assistenzsysteme in Fahrzeugen oder vernetzte Ampeln.

Die Expertin sprach sich auch für schärfere Sanktionen aus. Aufgrund mangelnder Ressourcen würden Vergehen im Straßenverkehr oft nicht entdeckt. „Wir haben uns daran gewöhnt, dass wir bei einem Regelverstoß nicht erwischt werden.“ Klamme Kassen oder knappes Personal dürften aber einer höheren Sicherheit nicht im Wege stehen.

Juristen und Verkehrsexperten aus ganz Deutschland beraten sich noch bis Freitag beim Verkehrsgerichtstag in Goslar. Die Konferenz ist ein international beachtetes Forum zur Sicherheit im Straßenverkehr.