Mit zwölf Jahren zwangsverheiratet, systematisch benachteiligt und zum Tode verurteilt. Menschenrechtsexperten protestieren gegen die geplante Hinrichtung von Goli Kouhkan im Iran.
Menschenrechtsexperten der Vereinten Nationen haben den Iran aufgefordert, die geplante Hinrichtung einer 25-jährigen Frau umgehend zu stoppen. Die staatenlose Belutschin Goli Kouhkan soll laut Mitteilung des UN-Menschenrechtsrat vom Dienstag noch vor Jahresende hingerichtet werden. Ihr wird vorgeworfen, als 18-Jährige ihren mutmaßlich gewalttätigen Mann umgebracht zu haben.
“Die Vollstreckung der Hinrichtung würde einen schweren Verstoß gegen internationales Menschenrechtsrecht darstellen”, so die Experten. Sie verwiesen auch auf “eine systematische geschlechtsspezifische Benachteiligung von Frauen, die Opfer von Kinderehen und häuslicher Gewalt im iranischen Strafrechtssystem werden”.
Laut UN-Menschenrechtsrat war Goli Kouhkan im Alter von zwölf Jahren mit ihrem Cousin zwangsverheiratet worden. Als 13-Jährige brachte sie ohne medizinische Versorgung ein Kind zu Hause zur Welt. Fluchtversuche seien aufgrund ihrer Staatenlosigkeit und des gesellschaftlichen Drucks gescheitert. Bei einem Streit im Jahr 2018 starb ihr Mann. Damals war auch ein Verwandter Kouhkans anwesend.
Die iranischen Gerichte hätten das anhaltende Muster des Missbrauchs nicht berücksichtigt, kritisierte der UN-Menschenrechtsrat. Auch sei Kouhkan, eine Analphabetin, die keinen Rechtsbeistand erhielt, gezwungen worden, die volle Verantwortung für den Tod ihres Mannes zu übernehmen. Ihr Geständnis bilde nun die Grundlage des Qisas-Urteils. Dieses beruht auf dem Vergeltungsprinzip “Auge um Auge”.
Die Aufhebung der Hinrichtung ermöglichen würde gemäß dem iranischen Strafgesetzbuch die Zahlung des sogenannten Blutgelds in Höhe von umgerechnet 90.000 US-Dollar. Dem hätte die Familie des Opfers zugestimmt. “Diese Summe liegt weit über dem empfohlenen Betrag und ist für sie unerschwinglich, insbesondere da sie eine Frau ohne Aufenthaltsgenehmigung ist, die von ihrer Familie verstoßen wurde”, so die Experten.
Das Qisas-System führe zu diskriminierenden Urteilen aufgrund des Geschlechts und des sozioökonomischen Hintergrunds, betonten sie weiter. “Kouhkan droht die Hinrichtung nicht aus Gerechtigkeit, sondern weil sie sich das Blutgeld nicht leisten kann.”
Dabei handele es sich nicht um einen Einzelfall. Den Angaben zufolge wurden zwischen 2010 und 2024 mindestens 241 Frauen hingerichtet, 114 davon aufgrund von Mord nach dem Qisas-System.