In der Orangerie Aukamm kennen sie sich aus mit dem ökologischen Gärtnern. Seit fünf Jahren hat die ehemalige Stadtgärtnerei in Wiesbaden ein nachhaltiges Konzept, seit 2020 ist sie Bioland-zertifiziert. Das bedeutet, dass sie bestimmte Richtlinien einhalten muss, um sich nachhaltig nennen zu dürfen. Zudem ist sie ein Inklusionsbetrieb; ein Großteil der rund 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hat ein geistiges oder körperliches Handicap.
Gärtnermeister Johannes Löhde baut mit seinem Team in mehreren großen Gewächshäusern vor allem Tomaten an, aber auch Kräuter und Paprikas. Die Erzeugnisse werden auf dem Wochenmarkt, an Restaurants und im eigenen Hofladen verkauft. Auf einem großen Feld neben dem Hofladen der Orangerie wachsen bienenfreundliche Wildblumen zum Selbstpflücken. Damit alles so gut gedeiht wie in der Orangerie, hat Löhde für Hobbygärtner einige Tipps parat.
Tipp 1: Auf Torf verzichten
Die Erde: Damit fängt es an. Wer herkömmliche Pflanzerde im Plastiksack kauft, hat fast immer einen Torfanteil dabei. Das bedeutet aber eben auch, dass dafür Torf abgebaut wurde – in einem europäischen oder außereuropäischen Moor. Das allerdings ist wichtig für die Kohlenstoffspeicherung und als Lebensraum der Tier- und Pflanzenwelt. Das Dilemma ist klar: Eigentlich möchten Hobbygärtner ihr Gemüse ganz umweltfreundlich selbst ziehen – können so aber in die Umweltsünder-Falle tappen.
Warum wird Torf überhaupt der abgepackten Erde beigemischt? “Er ist ein Speichermedium für die Erde, hat einen idealen ph-Wert und macht die Erde locker”, sagt Löhde. Wer kann, sollte für die Pflanzenanzucht möglichst Komposterde verwenden, empfiehlt er. Wenn das nicht geht: Viele Gartenmärkte bieten zunehmend torffreie Erde an. Dafür wird sie zum Beispiel mit Kokosfasern gemischt, die ähnliche Eigenschaften haben. Zum reinen Lockern der Erde empfiehlt Löhde die Zugabe von Sand.
Tipp 2: Samenfestes Saatgut
Das Saatgut: Blumen- und Gemüsesamen wirken klein und unscheinbar – können aber große Unterschiede aufweisen. “Für nachhaltiges Pflanzen ist es entscheidend, dass das Saatgut samenfest ist”, so Löhde. Große Saatgutfirmen bieten vor allem sogenannte F1-Hybride an, die sie durch Kreuzungen gewinnen. Die Pflanzen, die aus solchen Samen entstehen, sind in der ersten Generation widerstandsfähig und gesund – die Samen dieser Generation allerdings haben diese Merkmale wieder verloren. “In der Folge muss das F1-Saatgut immer nachgekauft werden, was Landwirte und Gärtner an die Saatgutfirma bindet”, erklärt der Gärtner.
Beim samenfesten Saatgut ist das anders. Es kann sich natürlich vermehren, und in jeder Generation wachsen wieder Jungpflanzen mit den Merkmalen der Elternpflanzen heran, da keine Kreuzungen im Spiel sind. Ökologische Saatgutfirmen wie Sativa oder Bingenheimer Saatgut vertreiben solche Samen.
Ein anderer, günstiger Weg der Vermehrung führt über Stecklinge: “Viele Kräuter lassen sich so leicht fortpflanzen”, sagt Löhde. Es komme je nach Pflanze auf einen Versuch an. Rosmarin, Oregano und Thymian lassen sich leicht so vermehren, ohne dass man extra neue Jungpflanzen kaufen muss. Aber auch bei Himbeeren oder Johannisbeeren kann es gelingen.
Tipp 3: Organischer Dünger
Der Dünger: Wer im Gartenmarkt nach Pflanzendünger sucht, kann sich vom Angebot leicht erschlagen fühlen. Mit Blaukorn düngen heute nur noch die wenigsten Hobbygärtner, trotzdem ist ökologisch oft noch Luft nach oben. “Wir düngen hier im Betrieb nur mit Pferdemist, der drei Kilometer von einem anderen Bioland-Betrieb zu uns angeliefert wird”, sagt Löhde.
Gartenbesitzern empfiehlt er Gründüngung. So könnten sie auf abgeernteten Flächen, denen das zuvor angebaute Gemüse Nährstoffe entzogen hat, bestimmte Kleesorten oder Senfsorten anpflanzen. Nach einigen Wochen lassen sich die schnell wachsenden Pflanzen schneiden und als Humus in die Erde eingearbeitet werden – fertig ist der nährstoffreiche Boden für die kommende Saison. Auch Kompost ist ideal – “wer das nicht hat, sollte im Handel zumindest darauf achten, dass der Dünger organisch und nicht synthetisch ist”, so Löhde.
Tipp 5: Regenwasser nutzen
Das Wasser: An heißen und trockenen Sommertagen haben Gärtner ein schlechtes Gewissen, dutzende 10-Liter-Kannen mit Trinkwasser aus der Leitung in ihren Garten zu tragen. “Da muss man so viel Regenwasser nutzen wie möglich. Oder in die Tiefe ans Grundwasser gehen”, sagt Löhde. Im eigenen Garten lässt sich viel Wasser in Regentonnen gewinnen, wenn es etwa mit Rinnen vom Dach des Schuppens abgeleitet wird.
Tipp 5: Wildblumen
Die Pflanzung: Im Bioland-Betrieb muss zwischen den Anbauflächen regelmäßig ein Blühstreifen vorkommen. Eine solche Vielfalt tut vermutlich auch Privatgärten gut. Für den nächsten Blumenstrauß könne man darauf achten, keine allzu wasserintensiven Blumen zu säen, rät der Fachmann: “Also lieber Wildblumen anstatt Sonnenblumen und Dahlien.” Damit wird die Bepflanzung auch gleich bienen- und schmetterlingsfreundlich – und der Garten ist dem Prinzip Nachhaltigkeit schon einen großen Schritt näher.