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Übergriffe in Kita: Kirche widerspricht Vorwürfen von Eltern

Eltern betroffener Kinder haben den Umgang einer evangelischen Kita und der Kirchenleitung mit Fällen von mutmaßlich sexuell übergriffigem Verhalten unter Kindern kritisiert. Die Leitung der Kindertagesstätte, der Kirchenkreis Hildesheimer Land-Alfeld als Träger und die hannoversche Landeskirche hätten die Vorfälle intern und öffentlich als „grenzüberschreitendes Verhalten“ verharmlost, sagte eine Mutter, die anonym bleiben möchte, am Donnerstag dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Die Landeskirche wies die Vorwürfe zurück. Sie betonte, der Kirchenkreis und die Kita-Leitung nähmen die Vorfälle sehr ernst und hätten unmittelbar nach der ersten Meldung der betroffenen Eltern die vorgeschriebenen Kriseninterventionspläne aktiviert, die zuständige staatliche Stelle eingeschaltet und eine externe Fachstelle hinzugezogen. „Für alle betroffenen Kinder und ihre Eltern sind die Vorfälle eine sehr schwere Belastung, und wir bedauern sehr, dass es zu diesen Vorfällen gekommen ist“, sagte Kirchensprecher Benjamin Simon-Hinkelmann, am Donnerstag.

In einer Stellungnahme beschreiben die Eltern die konkreten Vorfälle. Ihre Kinder seien über Wochen bei Toilettengängen bedrängt, bedroht, angegriffen, festgehalten, gewürgt, im Intimbereich berührt und gekniffen worden, heißt es in dem Schreiben. „Das ist schwer auszuhalten, dass unsere Kinder nicht sicher waren.“ Den Text wollten die Eltern nach den Worten der Mutter während eines Elternabends verlesen lassen. Dies sei ihnen jedoch verwehrt worden.

Gerade die Eltern der beschuldigten Kinder hätten jedoch darüber informiert werden müssen, mit welchen konkreten Vorwürfen ihre Kinder konfrontiert würden, betonte die Mutter. Nur dann könnten sie angemessen darauf reagieren. Es gehe den Eltern der betroffenen Kinder nicht um eine Anklage gegen Kinder oder gar eine Beweisführung, unterstrich sie. „Denn auch die Kinder, die übergriffig wurden, sind von den Verantwortlichen allein gelassen worden. Auch sie verdienen Schutz und Begleitung.“

Fast alle Familien der betroffenen Kinder bräuchten psychologische Unterstützung. Diese hätten sie sich allein organisieren müssen, ohne Unterstützung von Kita oder Träger.

Dem widersprach Simon-Hinkelmann: „Den betroffenen Kindern und ihren Eltern hat der Träger der Kita Unterstützungs- und Hilfsangebote gemacht und zudem externe Hilfsangebote benannt.“ Auch allen anderen Eltern sei das Angebot gemacht worden, ihnen Hilfsangebote zu vermitteln.

Zudem wendete der Kirchensprecher ein, dass die Kita-Mitarbeitenden für alle Kinder in der Einrichtung verantwortlich seien. „Deshalb behalten sie auch die Situation der Kinder im Blick, denen die Vorfälle zur Last gelegt werden. Sie haben die Aufgabe, auch diese Kinder angemessen zu begleiten“, betonte er.

Es hätten viele Gespräche mit Eltern stattgefunden, außerdem habe es einen Elternabend mit externer Moderation gegeben. „Dort gab es einen sehr offenen und kritischen Austausch zwischen Eltern, Kita-Mitarbeitenden und Träger.“ Das Thema werde auch mit den Kindern „altersentsprechend thematisiert“, zudem werde das Kita-Personal weiter sensibilisiert und fortgebildet.

Die betroffenen Kinder besuchen weiterhin die Kita. Die Eltern sind sich nach Aussagen der Mutter mittlerweile sicher, dass Übergriffe bei den Toilettengängen nicht mehr vorkommen. Die Kita habe eine Aufsicht sowie Schlösser und Notklingeln installiert. Die Eltern sorgten sich jedoch darum, dass die Kinder ihr Trauma nicht verarbeiten könnten, weil die Vorfälle nicht offen benannt würden. „Nicht einmal die pädagogischen Fachkräfte scheinen vollumfänglich über die Erfahrungen und Handlungen aller beteiligten Kinder informiert zu sein.“