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Über 70.000 Besucher im Otto-Gedenkjahr

„Des Kaisers letzte Reise“ hat in den vergangenen Monaten die Besucherströme angezogen: Über 70.000 Menschen haben mindestens eine der Sonderschauen zum Gedenkjahr für Kaiser Otto den Großen (912-973) in Sachsen-Anhalt besucht. „Wir sind sehr zufrieden“, sagte Sascha Bütow vom Zentrum für Mittelalterausstellungen (ZMA) in Magdeburg im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Es sei gelungen, die Ereignisse rund um den Tod des römisch-deutschen Kaisers vor 1.050 Jahren einem breiten Publikum zu vermitteln.

Mit Veranstaltungen an fünf Orten hat das Gedenkjahr die letzten Stationen des bedeutenden mittelalterlichen Herrschers kurz vor seinem Ableben am 7. Mai 973 nachvollzogen. Neben Magdeburg, wo er im Dom bestattet ist, gehörten dazu sein Sterbeort Memleben sowie Quedlinburg, wo Otto an Ostern 973 einen glanzvollen Hoftag abhielt. Zu Christi Himmelfahrt erreichte er Merseburg, wo er eine arabische Delegation empfing. Auch Walbeck bei Hettstedt, an dem es einst einen Kaiserlichen Hof gab, zählte zu den Gedenkorten.

Bleibende Spuren wird das Otto-Gedenkjahr vor allem in Magdeburg hinterlassen. Knapp 25.000 Besucherinnen und Besucher fanden dort den Weg in eine Sonderschau im Kulturhistorischen Museum, die sich mit der Wirkungsgeschichte Ottos des Großen beschäftigte. Unter dem Motto „Welche Taten werden Bilder?“ ging es von Ende April bis Anfang Oktober um die Frage, wie der Herrscher von späteren Generationen wahrgenommen – und auch instrumentalisiert wurde.

„Diese Schau hat Auswirkungen auf das Geschichtsbild“, sagte Bütow. Das Bild Ottos in der Öffentlichkeit sei differenzierter geworden. Galt er in früheren Jahrhunderten als der erste „deutsche“ Herrscher, liege jetzt der Fokus stärker auf transkulturellen Aspekten, so der Historiker. Denn Otto habe keinen Nationalstaat im modernen Sinn geschaffen, sondern ein Reich, das aus vielen Völkern und Kulturen bestanden habe.

Rund 16.000 Besucher fanden den Weg in den Merseburger Dom – mehr als sonst, sagte Markus Cottin, der Archiv und Bibliothek im Domstift leitet. Bis Anfang November zeigte der Dom eine Sonderausstellung, die unter anderem Ottos Verbindung zum Heiligen Laurentius aufgriff. So soll der Herrscher im Jahr 955 am Laurentius-Gedenktag, dem 10. August, einen Schwur getan haben: Besiege er die Ungarn auf dem Lechfeld, wolle er ein neues Bistum gründen. Bekanntlich glückte ihm der militärische Erfolg – und Otto machte einige Jahre später Merseburg zum Bischofssitz.

Über gute Besucherzahlen und neue Forschungserkenntnisse freut sich auch Andrea Knopik, Museumsleiterin in Kloster und Kaiserpfalz Memleben. Nach wie vor ranken sich Legenden um die Frage, ob in der früheren Pfalz, in der Otto starb, sein Herz und seine Eingeweide nach altem Brauch bestattet wurden. Gefunden wurde das Herz bisher jedoch nicht. Daran knüpfte der Titel der Sonderausstellung „Des Kaisers Herz“ an, die bis Ende Oktober zu sehen war. Sie zeigte Fundstücke aus Grabungen, die erstmals der Öffentlichkeit präsentiert wurden.

Und das Konzept ging offenbar auf: Rund 26.000 Menschen seien in dieser Saison nach Memleben gekommen, sagte Knopik – deutlich mehr als in den Vorjahren, die vor allem durch die Corona-Pandemie geprägt waren. Unter anderem konnten Besucher dabei die Ruinen der einstigen Klosterkirchen auf Tablet und Smartphone virtuell rekonstruieren und so in ihrer angenommenen früheren Größe erleben. Dieses Angebot werde bleiben, sagte die Museumsleiterin, ebenso die Fachführungen.

Auch aus archäologischer Sicht war das Otto-Gedenkjahr für Memleben ein Erfolg: Die diesjährigen Grabungen hätten gewichtige Beweise für die historische Bedeutung Memlebens zutage gefördert, sagte Knopik. Und ein ungewöhnlicher Mauerfund im Kreuzgang der ersten Klosterkirche lasse hier eine Nachbestattung des kaiserlichen Herzens vermuten. Der Mythos Otto geht also weiter, auch nach dem Gedenkjahr.