Vor dem Landgericht Traunstein ist am Mittwoch der Schmerzensgeldprozess eines Missbrauchsopfers gegen die katholische Kirche fortgesetzt worden. Bei der Beweisaufnahme wurden zunächst zwei Psychiater gehört, die den Kläger behandelt oder begutachtet haben. Dessen Mutter verweigerte die Aussage.
Demnach entwickelte der Mann nach einem im Grundschulalter erlittenen sexuellen Missbrauch durch den damaligen Pfarrer von Garching an der Alz eine schwere Suchtproblematik und Persönlichkeitsstörung. Im Alter von zwölf begann es mit Alkohol, danach folgten Cannabis, Beruhigungsmittel, später auch Heroin, Kokain und LSD. Er habe damit die Bilder der Tat aus dem Kopf bringen und sie verdrängen wollen. Zwischen Gefängnisaufenthalten und Entzugsversuchen habe es immer wieder kurze Phasen der Enthaltsamkeit gegeben.
Den Aussagen der Ärzte zufolge kommt der Missbrauch als eine Mitursache für die späteren Probleme des heute 39-Jährigen in Betracht, aber nicht als alleiniger Grund. Die Familienverhältnisse seien durch die Scheidung der Eltern kurz nach seiner Geburt schwierig gewesen. Der Junge habe schon als Sechsjähriger Verhaltensauffälligkeiten ausgebildet und sei deshalb tageweise in einer Pflegefamilie gewesen. Insofern habe der Kläger bereits über “ruhende Anlagen” für eine spätere Suchterkrankung verfügt.
Der Kläger habe über das Erlittene erst ab 2010 sprechen können, nachdem Zeitungsberichte über den Missbrauchstäter erschienen waren. Daraufhin habe er einen Antrag nach dem Opferentschädigungsgesetz gestellt.
Die Gutachterin des Münchner Versorgungsamtes, Ursula Münch, sagte aus, sie habe die Suchterkrankung als eine Folge des Missbrauchs anerkannt, auch wenn dieser nicht ursächlich für das gesamte Ausmaß des Schadens sei. In Deutschland sei es die Lehrmeinung, dass Suchterkrankungen durch viele Faktoren bedingt seien und in keinem Fall linear auf ein einziges Geschehen zurückgeführt werden könnten.