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Trauerexperte: Wirkung von Friedhöfen wird unterschätzt

Nach Auffassung von Günter Czasny, Sprecher der Initiative „Raum für Trauer“, wird die positive Wirkung von Friedhöfen auf das gesellschaftliche Miteinander oft unterschätzt. Beisetzungsorte und Friedhöfe unterstützen die Trauernden dabei, Halt zu erfahren sowie zu neuer Zuversicht und neuem Miteinander in der Gemeinschaft zu finden, sagte Czasny am Mittwoch in Süßen (Kreis Göppingen). Friedhöfe als soziale Orte seien damit ein wichtiger Teil der sozialen Infrastruktur. Hintergrund von Czasnys Äußerungen sind Diskussionen zur Aufhebung der Friedhofspflicht in einigen Flächenländern. In Rheinland-Pfalz soll laut Mitteilung der Friedhofszwang für die Asche von Verstorbenen entfallen. Das sei bislang nur in Bremen mit Einschränkungen der Fall.

Mit dem aktuellen Entwurf eines neuen Bestattungsgesetzes drohe eine Privatisierung des Umgangs mit Verstorbenen, kritisiert die Initiative. Dies schließe Trauernde aus und hindere sie an trauerpsychologisch wichtigen Abschiedsritualen. Bei manchen neuen Grabformen, so der Kunsthistoriker Dirk Pörschmann, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Friedhof und Denkmal und Direktor des Kasseler Museums für Sepulkralkultur, seien „wichtige persönliche Trauerrituale am Beisetzungsort unmöglich oder verboten“. Dies gelte für Seebestattungen, anonyme Bestattungen, Rasenplattengräber und manche Formen von Gemeinschaftsgräbern. „Dabei braucht der Mensch in Krisen Rituale“, sagte Pörschmann. „Für Trauernde kann dabei die Nähe zu den Verstorbenen, der konkrete Beisetzungsort besonders wichtig sein.“ Diese Erkenntnis setze sich im Friedhofswesen immer stärker durch.

Wenn es Hinterbliebenen erlaubt ist, die Asche von Verstorbenen bei sich zu Hause einzuschließen oder in der Natur zu verstreuen, droht laut Pörschmann die Privatisierung sterblicher Überreste, die andere Trauernde ausschließe. Ihnen werde damit, etwa bei Familienstreitigkeiten, die Möglichkeit entrissen, an einem frei zugänglichen, markierten Beisetzungsort ihre individuelle Trauer zu verarbeiten. (1042/07.05.2025)