Votum für den Neuanfang: Über ein Jahr lang hat das Erhebungsverfahren zur „nachhaltigen Störung“ in der evangelischen Gemeinde Bad Tölz gedauert, in dessen Mittelpunkt vor allem Spannungen zwischen Ehrenamtlichen, Kirchenvorstehern und Pfarrern in Tölz standen. Jetzt hat der Kirchenvorstand nach seiner Sitzung am Dienstagabend in einer Presseerklärung mitgeteilt, das Gremium unterstütze „nach vielen Gesprächen mit Gemeindemitgliedern die Entscheidung der Landeskirche, dass Dekan Heinrich Soffel seinen Dienst in der Kirchengemeinde und im Dekanat Bad Tölz nicht mehr ausüben wird“.
Die Landeskirche hatte bereits am 8. März mitgeteilt, dass der Landeskirchenrat in seiner Februarsitzung eine „nachhaltige Störung“ in der Gemeinde Bad Tölz festgestellt habe und der Dekan somit „versetzbar“ sei. Das Verfahren zur Versetzung in den Wartestand sei bereits eingeleitet, teilte ein Kirchensprecher auf Anfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) mit. Das Prozedere ist im Pfarrerdienstrecht der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und entsprechenden Ausführungsbestimmungen der bayerischen Landeskirche festgelegt.
Welcher Art die Konflikte vor Ort waren, darüber gehen die Ansichten auseinander. Heinrich Soffel, dessen Stelle in 60 Prozent Dekanatsleitung und 40 Prozent Pfarrdienst gesplittet ist, sagte auf epd-Anfrage, der ganze Prozess sei „die Geschichte eines Konflikts, den es nie gab“. Es habe in den Gremien keine Störung gegeben. Ein Sprecher der Landeskirche wiederum sagte dem epd am Mittwoch, Mitglieder des Kirchenvorstands und der Kirchengemeinde hätten „die Kirchenleitung in Gesprächen und auch schriftlich nachdrücklich aufgefordert: Die Kirchenleitung soll tätig zu werden, sofern Herr Soffel nicht von sich aus geht“.
Keine Spannungen scheint es auf Dekanatsebene gegeben zu haben. Der Dekanatsausschuss (DA), das geschäftsführende Leitungsgremium im Dekanatsbezirk, hatte auf epd-Anfrage betont, dass aus seiner Sicht „eine nachhaltige Störung im Dekanatsbereich (…) nicht zu erkennen“ gewesen sei. Diese Einschätzung vertrete das Gremium auch jetzt noch, sagte der stellvertretende Vorsitzende Johannes Hütz. Dennoch sehe „der DA jetzt aber die Notwendigkeit eines Neuanfangs“, da die lange Dauer des Verfahrens zu einer „erheblichen Belastung bei allen Beteiligten“ geführt habe.
Im Januar 2023 hatte der Landeskirchenrat eine Erhebung durch einen Kirchenjuristen eingeleitet, der mithilfe von Anhörungen ermitteln sollte, ob eine „nachhaltige Störung“ des gemeindlichen Dienstes in Bad Tölz vorliege. Im Februar 2024 stellte der Landeskirchenrat die „nachhaltige Störung“ fest und leitete das Versetzungsverfahren ein, das noch nicht abgeschlossen ist. (00/0921/20.03.2024)