Aktuelle Serien wie “Wednesday” und “Walking Dead” zeigen: Der Horror ist hoch im Kurs. Doch das Motiv ist nicht neu. Wie es sich durch die Kunstgeschichte zieht und gegenwärtig aufgegriffen wird, zeigt eine Ausstellung.
In Düsseldorf ist der Teufel los. Um Schrecken und Grusel, um Horror und seine Faszination dreht sich die neue Herbstausstellung im Kunstpalast, die am Donnerstag ihre Türen öffnet. “Tod und Teufel” läuft bis 21. Januar und nähert sich dem Thema in 120 Ausstellungsstücken, die von klassischer Malerei und Skulptur bis hin zu Installationen reichen.
Wenngleich sich weite Teile der Schau zeitgenössischen Darstellungen des Horrors etwa in Installationen, Musik, Film und Mode widmen, wirft ein Prolog den Blick zurück in die Kunst- und Kulturgeschichte vom späten Mittelalter bis um 1900. Den Auftakt macht ein Gemälde von Friedrich Wilhelm von Schadow (1788-1862) und Schülern, das aus dem Triptychon “Das Jüngste Gericht” stammt.
Es zeigt eine vom italienischen Dichter Dante Alighieri (1265-1321) inspirierte Hölle. Der Teufel, bei von Schadow stark vermenschlicht, triumphiert über den gefallenen Menschen, ein Bein mit krallenartigen Zehen auf den Rücken eines Mannes gestemmt, den linken Arm aufs Bein gestützt. Grimmig blickt er die Betrachtenden direkt an. Mit der rechten Hand reckt er einen Dreizack in die Höhe. Ein Triumph des Bösen eröffnet die Schau. Verstärkt wird er noch dadurch, dass die Himmels-Darstellung des dreigeteilten Gemäldes nicht zu sehen ist.
Auch Künstler wie Albrecht Dürer (1471-1528) und Francisco de Goya (1746-1828) haben im ersten Ausstellungsteil ihren Platz gefunden. Bei Dürer begegnen sich Ritter, Tod und Teufel, bei Goya tritt der Tod als große, gebeugte Gestalt im Umhang ins Bild. In Alfred Kubins “Wüstentod” von 1911 reitet der Tod mit großer Sense auf einem Ungeheuer durch die Wüste. Und Eugen Brachts (1842-1921) “Gestade der Vergessenheit” zeigt eine postapokalyptische Landschaft, die auf den ersten Blick friedlich wirkt – bis beim näheren Betrachten ein Meer von Totenschädeln an ein früheres Grauen denken lassen.
Den Übergang zur zeitgenössischen Kunst schaffen Ausschnitte aus frühen Horrorfilmen. So laufen etwa Szenen aus Friedrich Wilhelm Murnaus Stummfilm “Nosferatu” von 1922 über die Wand, der mit seiner Darstellung des dämonischen Vampirs eine Adaption des Romans “Dracula” ist.
Laut Kuratorin Westrey Page gibt es dem Horror gegenüber viele Vorurteile. Dabei müsse er nicht einmal besonders gruselig sein. “Er kann kritisch und politisch sein, er kann lebensbejahend und gar entzückend sein.” Tod und Teufel dienten als Leitmotive, die durch die verschiedenen Interpretationen des Horrors führten.
Gerade der zweite, zeitgenössische Teil der Ausstellung zeigt die kritische Komponente, die dem Horror innewohnt. Darunter sind Werke von Rei Kawakubo, den Chapman Brothers, Billie Eilish, Andres Serrano und Eliza Douglas. Von der einst christlichen Motivik ist hier kaum mehr etwas zu merken, Motive von Sünde und Erlösung treten nicht mehr in Erscheinung.
Diverse Filmplakate zeigen, wie sich das Grauen durch die Filmgeschichte zieht – darunter berühmte Filme wie “Das Schweigen der Lämmer”, “Der Exorzist” und “Rosemaries Baby” bis hin zu gerade bei Jugendlichen beliebten, gegenwärtigen Serien wie “Wednesday” und “The Walking Dead”. Jene Fotografie, die den als “Zombie Boy” bekannten Rick Genest (1985-2018) zeigt, blickt in einem Ausstellungssaal überlebensgroß von der Wand.
Eindringlich wird es noch einmal zum Ende hin. Dort prangt der Schriftzug “Somebody”, also “Jemand”, an der Wand – erstellt von Kris Martin aus der Asche eines Verstorbenen. Den kulturgeschichtlich interessierten Menschen mag es an das “memento mori” erinnern – den Gedanken daran, dass jeder Mensch sterblich ist. Teresa Margolles stellt eine Bodenplatte aus. Auf die Fliesen fiel die Leiche des ermordeten mexikanischen Künstlers Luis Miguel Suro.