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Tipps vom Trainer

Über den Predigttext am 13. Sonntag nach Trinitatis: 1. Johannes 4, 7-12

Predigttext am 13. Sonntag nach Trinitatis (Erprobung): 1. Johannes 4, 7-12
(…) 10 Darin besteht die Liebe: nicht dass wir Gott geliebt haben, sondern dass er uns geliebt hat und gesandt seinen Sohn zur Versöhnung für unsre Sünden.11 Ihr Lieben, hat uns Gott so geliebt, so sollen wir uns auch untereinander lieben. 12 Niemand hat Gott jemals gesehen. Wenn wir uns untereinander lieben, so bleibt Gott in uns, und seine Liebe ist in uns vollkommen. (in Auswahl)

Sei doch mal spontan!“

Dieser Aufruf ging an mich, als wir wieder einmal als Familie beieinander saßen und das Wochenende planten. Spontan mal losfahren, schnell mal alles hinter sich lassen, so eben mal den Motor anwerfen und losbrausen. Und ich – die große Bremse: Weiß nicht, haben wir auch genug Zeit, lohnt sich das? Fragen über Fragen, die ich stelle.

„Ich kann nicht spontan. Mir raucht der Kopf“

„Sei doch mal spontan!“
Mal abgesehen davon, ob Spontanität wirklich ein Wert ist. Was soll ich tun? Bin ich wirklich so verhaltenslahm, dass der Vorwurf trifft? Dann kann ich ja versuchen, mich zu ändern. Aber damit bin ich da auch nicht mehr spontan, sondern bin in der Zwickmühle gefangen: Bleibe ich so, wie ich bin (wie häufig ein Hersteller von Fettersatz als Lebensgefühl einem unterschieben möchte), darf ich das vielleicht, bin aber nicht spontan. Ändere ich mich aufgrund des Vorwurfes, geschieht das auch nicht spontan, sondern als Antwort auf den Vorwurf. Ich kann nicht spontan. Mir raucht der Kopf.
So ein bisschen geht es mir nach der Lektüre des Predigttextes: „Ihr Lieben, lasst uns einander lieben“: Irgendwie sollte das doch auch aus dem Gefühl, aus dem Moment heraus entstehen. Liebe kann doch nicht angeordnet werden, Lieben passiert doch – oder auch nicht – oder?
Jedenfalls ein steiler Satz des Verfassers des 1. Johannesbriefes und eine gehörige Zumutung. Und es wird ja noch dramatischer: Wer nicht liebt – hat mit Gott nichts zu schaffen! Da ist der Satz „Sei doch mal spontan“ eine harmlose Belanglosigkeit.
Aber mir dämmert, dass ich Äpfel mit Birnen vergleiche, irgendwie ähnlich, aber nicht dasselbe. Der Briefeschreiber beschreibt als erstes, dass das, was an Liebe bei mir herauskommt, von Gott selber erstmal eingefüllt worden ist. In seiner durch alle Zeiten hindurch geschehenden liebevollen Zuwendung zu mir durch seinen Sohn geschieht dieses. Also Liebe ist etwas, was nicht aus mir alleine sprosst, sondern mich erstmal auffüllt. Aber es ist natürlich trotzdem möglich, dass ich mich dürr und ausgelaugt und weder liebenswert noch als liebend erlebe, dann ist ein solcher Druck: „Liebe, sonst kannst du zwar machen, was du willst, aber es ist sinnlos“, nicht hilfreich, sondern beschwerlich. Was mach ich denn, wenn sich dieses Gefühl zu Anderen und zu mir selbst einfach nicht einstellen will?
Aber vielleicht habe ich auch falsche Vorstellungen von der Liebe. Womöglich ist sie doch mehr als ein Gefühl? Oder gar etwas Anderes? Ein Lied formuliert es, vielleicht etwas schlicht, trotzdem richtig: Liebe ist nicht nur ein Wort, sondern sie besteht aus Worten und Taten. Sie geschieht.
Sie ist nicht einfach nur irgendwie, sie kann nicht ohne ein Gegenüber beschrieben werden: Sie geschieht, wenn wir mit anderen Menschen zusammenkommen, sie geschieht, wenn wir füreinander etwas machen. Sie geschieht sozusagen im Tun. Wenn sie aber damit zusammenhängt, dann ist sie vielleicht wie jedes andere Tun auch: einübbar.
Ich kann sie üben, trainieren. Ich kann an ihr wachsen, meine Erfahrungen mitnehmen, an ihr reifen.

Gott selbst trainiert mich – jeden Tag

Ich kann überlegen, wo werde ich gebraucht, was braucht meine Nächste, mein Nächster von mir? Meine Liebe in Worten und Taten, im Gebet und im Tun und nicht in einem romantischen Gefühl. Und den Trainer dazu bekomme ich zur Seite gestellt: Er ist der Beste, der vorstellbar ist: Gott selber trainiert mich – jeden Tag.
Das ist dann etwas anderes als „Sei doch mal spontan“.
Wir sind übrigens damals als Familie spontan losgefahren– ich hätte allerdings doch vorher einmal tanken sollen. Wir brauchten „spontan“ einen guten Freund für etwas Benzin. Welches er – so liebevoll ist er – auch spontan brachte.
Ich wünsche uns viele gute Momente, in denen wir Liebe einüben dürfen und die Erfahrung der Gewissheit, dass wir in der Liebe unseres Gottes gut aufgehoben sind.