Der Göttinger Theologie-Professor Wolfgang Reinbold sieht in der biblischen Ostergeschichte von der Kreuzigung und Auferstehung Jesu Parallelen zur Gegenwart. „Mir fällt in diesen kriegerischen Zeiten auf, wie gewalttätig diese Geschichte im Kern ist“, sagte Reinbold im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Im Gottesdienst gehe die grausame Seite der Ostergeschichte mitunter fast unter, weil die Besucher bereits wüssten, dass sie nicht mit Schmerz und Tod, sondern mit der Auferstehung ende. Wer aber einen Schritt zurücktrete und in der Auseinandersetzung mit der biblischen Ostererzählung, „den Schleier der Gewöhnung“ entferne, bekomme es „mit der Angst zu tun“.
„Es ist eine grausame Geschichte, die hier erzählt wird“, erläuterte Reinbold, der an der Universität Göttingen das Fach Neues Testament lehrt. „Eine Geschichte von brutaler Folter. So brutal, dass die Römer diese Strafe grundsätzlich nur an Menschen vollstreckten, die keine Staatsbürger waren. Ein Mann verreckt an einem Baumstamm!“ Die Ostergeschichte lasse unweigerlich an Geschehnisse denken, die heute fast täglich in den Nachrichten zu sehen seien.
Als Beispiel nannte der Theologe das Massaker der Hamas an hunderten Bürgerinnen und Bürgern Israels am 7. Oktober 2023. „Es ist furchtbar, wozu wir Menschen fähig sind, damals wie heute. Das kommt mir bei der Ostergeschichte zuerst in den Sinn.“ Dennoch sei ausgerechnet diese Geschichte zur Grund- und Hoffnungsgeschichte des Christentums geworden. „Für mich heißt das: Der Gott, von dem in der Bibel die Rede ist, lässt uns nicht im Stich. Was immer auch kommen mag – es kann uns nichts passieren“, sagte Reinbold.