Am 11. Juni 1994, vor 30 Jahren, wurde der sogenannte “Schwulen-Paragraf” 175 aus dem Strafgesetzbuch gestrichen. Katholische Verbände haben sich damals nicht mit Ruhm bekleckert, findet Theologe Andreas Heek.
Beim Umgang der katholischen Kirche mit Homosexualität hat nach Ansicht des Theologen Andreas Heek die Ausbreitung von Aids in den 1980er-Jahren eine wichtige Rolle gespielt. “Die Krankenhausseelsorgerinnen und -seelsorger auf den Aids-Stationen waren damals die ersten Homosexuellen-Seelsorger”, sagte Heek in einem am Dienstag veröffentlichten Interview auf der Plattform katholisch.de. “Sie haben sich an die Betten der sterbenden Männer gesetzt und ihnen beigestanden, sofern diese das wollten.” Die Seelsorger seien “die ersten, die wirklich gezeigt haben, dass sie an der Seite von Homosexuellen stehen”.
Ein zweiter entscheidender Punkt sei die Selbstorganisation von Homosexuellen gewesen, so Heek weiter. “Sie haben immer wieder versucht, mit der Kirche in Kontakt zu treten. Sie haben nicht nachgelassen in dem Wunsch, eigene Gottesdienste zu feiern, sich selbst zu vergewissern – und hatten in einigen Diözesen teilweise auch Erfolg.” Dadurch seien dann auch die Laienverbände nachdenklich geworden.
Heek ist Geschäftsführer des Forums katholischer Männer. Der FkM ist Mitglied im Zentralkomitee der deutschen Katholiken und hatte bei der Frühjahrsvollversammlung des Dachverbandes eine Beschlussvorlage zu dem Thema eingebracht. Unter Federführung der Kommission für Zeitgeschichte in Bonn soll eine Studie initiiert werden zur Erforschung der Beteiligung der katholischen Kirche an der Aufrechterhaltung des Strafrechtsparagrafen 175. Dieser stellte bis 1969 sexuelle Handlungen zwischen erwachsenen Männern unter Strafe. Erst 1994 beschloss der Bundestag die endgültige Streichung des Paragrafen.
“Dass es den Paragrafen überhaupt so lange gab, ist ein Skandal”, sagte Heek. Seine Abschaffung sei von der katholischen Kirche nahezu still übergangen worden. “Das wollen und müssen wir thematisieren.”