Einen besseren Umgang mit Führungskräften in Kirche und Gesellschaft hat der Rektor der Internationalen Hochschule Liebenzell, Volker Gäckle, gefordert. „Am Stuhl von Führungskräften zu sägen, ist zum Volkssport geworden“, kritisierte Gäckle laut Manuskript am Samstag in der Böblinger Kongresshalle beim Jahrestreffen des Diakonissenmutterhauses Aidlingen. Die gegenwärtigen Krisen seien aber nicht zu bewältigen, wenn man bei aller notwendigen kritischen Begleitung laufend Führungskräften das Vertrauen entziehe.
Der Theologe nahm auch Bezug auf den Rücktritt der Vorsitzenden des Rats der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Annette Kurschus, im November. Vorgeworfen wurde ihr vor allem mangelnde Transparenz im Umgang mit einem Missbrauchsverdacht in ihrem früheren Arbeitsumfeld in Siegen, der nach ihrer eigenen Auskunft einen guten Bekannten betrifft. Gäckle sagte, seinem Eindruck nach habe sie „nichts Wesentliches falsch gemacht“, doch würden Menschen in Verantwortung heute sehr schnell zum „Abschuss“ freigegeben.
Der Hochschulrektor warb in seiner Predigt für einen Glauben, der vernünftig handelt. „Vernunft ist eine Gabe Gottes.“ Gleichzeitig brauche es einen Blickwechsel, um in allen Krisen und Ängsten Gott zu sehen, „der auf unserer Seite ist“, betonte der Theologe. Ohne Gott habe man eine verengte Sicht für die Wirklichkeit.
Das Diakonissenmutterhaus Aidlingen besteht seit knapp hundert Jahren. Die Diakonissen betreiben eine Bibelschule und ein Buchcafé in Aidlingen bei Böblingen. Unter andere geben sie die Bibellesehilfe „Zeit mit Gott“ heraus und veranstalten ein jährliches Pfingstjugendtreffen. Berufstätig sind sie in Kindertagesstätten, der Alten- und Krankenpflege, im Religionsunterricht und in Gemeinden. Derzeit gehören rund 200 Diakonissen zwischen 29 und 98 Jahren der Schwesternschaft an. (0044/06.01.2024)