Die Zahl der Menschen, die aus dem Sudan in den Tschad fliehen, ist zuletzt laut Ärzte ohne Grenzen deutlich gestiegen. In den 24 Stunden seit Donnerstagmorgen hätten mehr als 1.000 Frauen, Kinder und Männer die Grenze überquert, erklärte die Hilfsorganisation. Das seien so viele wie sonst innerhalb einer Woche. Insgesamt sind demnach seit Beginn der jüngsten Eskalation vor einem halben Jahr etwa 450.000 Menschen in den Tschad geflohen.
Mitte April eskalierte ein Machtkampf zwischen der sudanesischen Armee und den paramilitärischen „Rapid Support Forces“ (RSF). Am heftigsten sind die Kämpfe in der Hauptstadt Khartum und in der westlichen Region Darfur, die an den Tschad grenzt.
Zunehmende Gewalt in Darfur
Auch die Vereinten Nationen zeigten sich besorgt über die erneut zunehmende Gewalt in Darfur. Die Lage in der Region werde täglich schlimmer, seit einer Eskalation vergangene Woche, erklärte das UN-Büro zur Koordinierung humanitärer Hilfe im Sudan. Die lokalen Gemeinschaften seien davon zunehmend betroffen. Dutzende Zivilisten seien dabei getötet, viele mehr verletzt und Tausende vertrieben worden. Die stellvertretende Sondergesandte der Vereinten Nationen für den Sudan, Clementine Nkweta-Salami, sei alarmiert, dass die Zivilbevölkerung derart zwischen die Fronten gerate. Dazu komme gezielte ethnische Gewalt, die schon im Juni zu Massakern und Massenvertreibungen geführt hatte.
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Nkweta-Salami rief die Kriegsparteien dazu auf, sich an internationales Recht zu halten, von einer weiteren Eskalation abzusehen, Zivilisten zu schützen und humanitäre Hilfe zu ermöglichen. „Die Menschen in Darfur haben genug gelitten“, sagte sie. Sie hoffe weiter auf einen Erfolg der Verhandlungen in der saudischen Stadt Dschidda, wo die Kriegsparteien unter Vermittlung von Saudi-Arabien und den USA um eine Feuerpause verhandeln.
Offensive der RSF geht weiter
Der Anführer der paramilitärischen RSF, Mohamed Hamdan Dagalo, erklärte zwar in einem Statement am Donnerstagabend, die Verhandlungen zu unterstützen. Er kündigte aber auch an, dass die Offensive der RSF weitergehen werde. Ziel sei es, weitere Städte einzunehmen. Ende Oktober hatten die RSF unter anderem die Kontrolle über die Stadt Nyala in Süddarfur übernommen.
Seit Ausbruch des Krieges wurden mehr als 9.000 Menschen getötet, mehr als sechs Millionen Menschen haben auf der Flucht vor Gewalt ihre Häuser verlassen. Große Teile der zivilen Infrastruktur in den umkämpften Gebieten sind zerstört, besonders in der Hauptstadt Khartum.