Ein Jahr nach der Teillegalisierung von Cannabis fällt die Bilanz ernüchternd aus: Die Zahl der Abhängigen nehme zu, mehr Menschen erkrankten und der Schwarzmarkt blühe weiter.
Der Frankfurter Mediziner Mathias Luderer hält die Teillegalisierung von Cannabis für einen großen Fehler. Die Entwicklungen der vergangenen Monate seien ernüchternd, aber auch nicht überraschend, erklärte Luderer in einem Interview der “Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung”. Seit der Legalisierung werde es für die Ärzte immer schwerer, den Patienten zu vermitteln, “dass Cannabis ihrer psychischen und physischen Gesundheit immer schadet”. Luderer leitet den Bereich Suchtmedizin am Universitätsklinikum Frankfurt.
Seit dem 1. April vergangenen Jahres ist der Besitz von bis zu 25 Gramm getrocknetem Cannabis im öffentlichen, von 50 Gramm im privaten Raum straffrei. Der öffentliche Konsum von Cannabis ist darüber hinaus beschränkt. So gilt zum Beispiel ein Konsumverbot in Fußgängerzonen von 7 bis 20 Uhr. Für Minderjährige bleibt der Besitz von Cannabis nach wie vor verboten.
An seiner Klinik habe die Zahl der Fälle mit Cannabis-Problemen zugenommen, so Luderer weiter. Der Trend, dass Cannabis in Deutschland mehr und mehr zum Probleme werde, werde auch in Studien belegt und passe zu Publikationen aus anderen Ländern. Patienten berichteten ihm glaubhaft, dass sie praktisch alle auf dem Schwarzmarkt kauften. Der Service dort sei einfach zu verführerisch, es werde schneller und preiswerter geliefert.
Zugleich ist Luderer wenig zuversichtlich, dass eine Rücknahme der Legalisierung etwas an der Entwicklung ändere. Die Idee, Cannabis sei nicht schädlich, habe sich in vielen Köpfen bereits festgesetzt. Nehme man die Legalisierung zurück, müsse man gegen diese Annahme trotzdem angehen. Stattdessen befürwortet der Mediziner, mehr Geld in Prävention und Aufklärung zu investieren. Dies sei gerade bei Heranwachsenden und jungen Erwachsenen wichtig. “Wir müssen ihnen Perspektiven und Chancen bieten, dass sie gar nicht erst zu abhängig-machenden Substanzen greifen”.