Die Mehrheit ausländischer Pflegekräfte ist zufrieden und fühlt sich an ihrem Wohnort in Deutschland willkommen. Es gibt jedoch erheblichen Raum für Verbesserungen. Zu diesem Schluss kommt ein neuer Forschungsbericht des Deutschen Zentrums für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM Institut, Berlin) zu Ankommen und Bleibeperspektiven von Pflegekräften aus Drittstaaten in Baden-Württemberg, der am Mittwoch in Berlin vorgestellt wurde.
Die von der Diakonie Baden-Württemberg beauftragte Studie zeigt, dass migrierte Pflegekräfte in Deutschland vor vielfältigen Herausforderungen stehen, die über ihren Berufsalltag hinausgehen. Neben berufsspezifischen Anforderungen betreffen diese vor allem Fragen der sozialen Integration – etwa Sprache, Wohnen und Bürokratie. Der an das Arbeitsverhältnis gekoppelte Aufenthaltsstatus führt dabei häufig zu Unsicherheiten, etwa beim Familiennachzug oder der langfristigen Aufenthaltsplanung.
Von November 2024 bis Februar 2025 befragte das DeZIM Institut online 332 Pflegekräfte und Auszubildende aus Drittstaaten in Baden-Württemberg. Drittstaatsangehörige sind Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Landes besitzen, das weder Mitglied der Europäischen Union (EU) noch des Europäischen Wirtschaftsraumes (EWR) ist. Zwei Drittel der Befragten waren weiblich, das Durchschnittsalter betrug 29 Jahre. Balkanstaaten machten mit einem Viertel der Befragten die größte Gruppe aus, gefolgt von den Herkunftsregionen Südasien/Zentralasien, Zentralafrika und Nordafrika.
In die Studie flossen weiter Umfragen in Pflegeschulen in Weinheim und Karlsruhe sowie Interviews mit Pflegefachkräften ein. Besonders positiv bewertet wurde die Bedeutung sozialer Kontakte: Kolleginnen und Kollegen, Pflegeschulen sowie migrantische Netzwerke leisten laut der Studie einen zentralen Beitrag zum Ankommen und zur Motivation, langfristig in Deutschland zu bleiben. Auch die befragten Pflegekräfte selbst bringen eine hohe Eigeninitiative und Motivation mit.
Bereits 2025 stammt laut dem Deutschen Ärzteblatt jede fünfte Pflegekraft aus dem Ausland. Die Zahl Pflegebedürftiger hat laut Statistik von 2017 bis 2019 um 21 Prozent auf 4,13 Millionen Menschen bundesweit zugenommen. Deutschland ist somit auf ausländische Pflegekräfte angewiesen. Länder und Pflegeeinrichtungen werben aktiv Pflegekräfte aus Drittstaaten an. Baden-Württemberg unterstützt die bundesweite Initiative Triple Win, die von der Bundesagentur für Arbeit und der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit getragen wird. Dieses Programm übernimmt Kosten für Sprachkurse im Ausland und entlastet Arbeitgeber bei der Rekrutierung.
Als spezifische Zugangsbarriere für eine gelingende soziale Integration erweist sich neben strukturellen Hürden die häufige Diskriminierung ausländischer Pflegekräfte. Diskriminierungserfahrungen sind sowohl in der Öffentlichkeit als auch am Arbeitsplatz weit verbreitet, werden aber selten gemeldet, so ein Ergebnis der Studie. Meist unternehmen demnach Betroffene nichts oder suchen Unterstützung ausschließlich im sozialen Umfeld.
Nach Beratungsstellen gefragt, gab etwa ein Fünftel der Befragten an, keine Beratungsstelle zu kennen. Einige Teilnehmer der Fokusgruppen sprachen nicht von Rassismuserfahrungen, sondern von „schlechter Behandlung“, „fehlendem Respekt“ oder davon, „nicht ernst genommen“ zu werden.
Dennoch bleibt die Abwanderungsneigung unter den Befragten gering. Rund 43 Prozent zeigen sich jedoch unentschlossen, ob sie in den kommenden fünf Jahren in Deutschland bleiben wollen. Die Forscherinnen und Forscher sehen zugleich großen Bedarf an geschützten Räumen, in denen Pflegekräfte über ihre Erfahrungen und Belastungen sprechen können.
Die Studie betont, dass soziale Integration ein mehrdimensionaler Prozess ist, der politische, institutionelle und gesellschaftliche Unterstützung erfordert. Empfohlen werden eine gezielte Förderung von Willkommenskultur, eine bessere Vernetzung und Informationsarbeit sowie eine diversitätssensible und wertschätzende Arbeitskultur.
Einschränkend weisen die Autorinnen und Autoren darauf hin, dass die Studie regional beschränkt ist und keine repräsentativen Aussagen für alle Pflegekräfte aus Drittstaaten erlaubt, insbesondere nicht für Pflegekräfte in privaten Haushalten. Dennoch liefern die Ergebnisse wichtige Impulse für die Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen internationaler Pflegekräfte in Deutschland. (2556/08.10.2025)