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Studie: Ukrainer verwenden seit Kriegsbeginn weniger Russisch

Schon vor dem Krieg haben die Menschen in der Ukraine immer weniger Russisch benutzt. Seit April 2022 hat sich das nochmal beschleunigt – aus gutem Grund.

Deutlich weniger Menschen nutzen in der Ukraine Russisch in den sozialen Medien
Deutlich weniger Menschen nutzen in der Ukraine Russisch in den sozialen MedienImago / Christian Ohde

Der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine hat einer Studie zufolge seit Februar 2022 auch Auswirkungen auf die Sprache in den sozialen Medien der Ukraine. So nutzten immer weniger Menschen Russisch, sondern bevorzugten Ukrainisch. Das hat ein Team aus Forschenden der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität (LMU), der University of Bath und der Technischen Universität München (TUM) herausgefunden, wie die LMU mitteilte.

Sprache spiele in der post-sowjetischen Identität der Ukraine eine entscheidende Rolle, heißt es weiter. Viele Ukrainerinnen und Ukrainer beherrschten sowohl Russisch als auch Ukrainisch. Bis vor Kurzem habe aber nur rund die Hälfte bis zwei Drittel der Bevölkerung Ukrainisch als Hauptmuttersprache benannt. Seit den Protesten auf dem Majdan, ausgelöst durch vorläufige Nicht-Unterzeichnung des Assoziierungsabkommens mit der EU und der anschließenden Annexion der Krim 2013/2014, gebe es allerdings Indizien, dass sich dieser Anteil aufgrund der damaligen russischen Militärintervention erhöht habe.

Vier Millionen Tweets aus Ukraine untersucht

Mit seinem Team untersuchte Daniel Racek, Erstautor der dazu im Fachmagazin “Communications Psychology” veröffentlichte Studie, über vier Millionen Tweets, wie es heißt. Diese hatten den Angaben zufolge ukrainische Standortinformationen und stammten von rund 63.000 Nutzerinnen und Nutzer von X, vormals Twitter, aus der Zeit von Januar 2020 bis Oktober 2022. Mithilfe von Künstlicher Intelligenz und statistischer Analyse unterschieden die Wissenschaftler zwischen durch Verhaltensänderungen der Nutzer und durch Nutzerfluktuationen hervorgerufenen Effekten.

Die Ergebnisse hätten eine langfristige Verschiebung von Russisch zu Ukrainisch bereits vor dem Krieg offenbart, heißt es. Doch mit Kriegsausbruch sei diese erheblich beschleunigt worden. Die Forschenden vermuteten, dass die beobachtete Verhaltensänderung eine hochpolitische Reaktion sei. Die Nutzerinnen und Nutzer wollten sich von jeglicher Unterstützung des Krieges sowie von Russland distanzieren. Sie entschieden sich deshalb bewusst dazu, weniger beziehungsweise in vielen Fällen kein Russisch mehr zu verwenden.