Schock für die Psyche: Der russische Angriff auf die Ukraine vor zwei Jahren hat das mentale europäische Wohlbefinden verschlechtert – und zwar für Männer und Frauen, alte und junge Menschen gleichermaßen.
Der Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine hat international zu einem kollektiven Einbruch des mentalen Wohlbefindens geführt. Dies geschah unabhängig von individuellen Eigenschaften der Personen wie Alter, Geschlecht oder politischer Orientierung, wie aus einer jetzt veröffentlichten internationalen Studie der Uni Münster hervorgeht. Wie schnell sich die Menschen von diesem Psycho-Schock erholen konnten, sei dagegen von der Persönlichkeit abhängig gewesen.
Die Studie basiert auf etwa 45.000 Einzelerhebungen von 1.300 befragten Personen aus 17 europäischen Staaten, darunter Deutschland, Schweden, Frankreich, Polen und Großbritannien. Die Forscher konzentrierten sich auf Menschen in Europa und einen zweimonatigen Zeitrahmen vor und nach dem Kriegsausbruch am 24. Februar 2022. Nicht erfasst werden in der Studie Menschen in der Ukraine und Russland.
Demnach war die messbare kollektive psychische Beeinträchtigung zu Beginn des Krieges größer als nach der Nuklearkatastrophe von Fukushima 2011 und dem Corona-Lockdown 2020. Menschen in Europa hatten im Vergleich zum Rest der Welt im Erhebungszeitraum ein signifikant niedrigeres Wohlbefinden. Besonders an Tagen mit starker Präsenz des Krieges in den sozialen Medien war laut Angaben eine durchschnittlich schlechtere mentale Verfassung zu beobachten.
Mit Blick auf die Erholung von dieser Erschütterung stießen die Forscher auf systematische Unterschiede. Menschen mit einer anfälligeren, wenig stabilen Persönlichkeit hätten sich im Unterschied zu gefestigteren Personen im Schnitt auch einen Monat nach Kriegsbeginn noch nicht erholt gehabt, erklärte der Erstautor der Studie, Julian Scharbert.
Politische und gesellschaftliche Akteure sollten deshalb in Krisenzeiten auch die mentale Gesundheit in den Fokus nehmen. Dies sei besonders wichtig für Menschen, die ohnehin anfälliger für Belastungen seien, so der Wissenschaftler.