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Studie: Pastor V. nutzte Macht für sexuellen Missbrauch

Er gründete die Bruderschaft “Kleine Brüder vom Kreuz” und beging dann Missbrauch an jungen Männern. Eine Studie zu Pastor V. aus der Landeskirche Hannovers kommt zu einem klaren Ergebnis.

Pastor V. aus der Landeskirche Hannovers hat laut Studie sexuellen Kontakt zu jungen Männern gesucht
Pastor V. aus der Landeskirche Hannovers hat laut Studie sexuellen Kontakt zu jungen Männern gesuchtImago / McPhoto

Eine Studie macht neue Details zu einem Missbrauchsfall in der hannoverschen Landeskirche öffentlich. Sie beleuchtet dabei erstmals auch spirituellen Missbrauch in der evangelischen Kirche. Der Pastor V. aus Hermannsburg (1930-2011) hat demnach in der 1970er- und 1980er-Jahren seine herausgehobene Rolle in einer von ihm gegründeten geistlichen Bruderschaft ausgenutzt, um sexuelle Kontakte zu Männern anzubahnen. Mindestens zwei Minderjährige waren betroffen. Die Aufarbeitungskommission halte in mindestens fünf Fällen Straftaten für erwiesen, sagte der Jurist Georg Gebhardt als deren Vertreter.

Die Studie der unabhängigen Kommission wirft zudem der Kirche vor, sie habe eine Aufarbeitung zu zögerlich in Gang gesetzt. Noch zu Lebzeiten des Beschuldigten V. habe sich einer der Minderjährigen an zwei Pastoren gewendet, ohne Folgen. Die Studie empfiehlt, Disziplinarverfahren gegen die beiden Männer zu prüfen.

Hannoversche Landeskirche: Disziplinarverfahren läuft

Ein weiteres Disziplinarverfahren gegen eine kirchenleitende Person läuft nach Angaben von Landeskirchenamtspräsident Jens Lehmann bereits. Schon 2019 hatte sich ein zur Tatzeit minderjähriger Betroffener an das Landeskirchenamt gewendet. Die Information sei aber nicht korrekt weitergeleitet worden, sagte Lehmann.

Landesbischof Ralf Meister sagte: „Sexualisierte Gewalt, spirituelle Gewalt, Machtmissbrauch sind Teil unserer Landeskirche in der Vergangenheit und auch in der Gegenwart.“ Dem gelte es sich zu stellen, zuallererst im Sinne der betroffenen Personen, aber auch um die Strukturen der Kirche, ihre Theologie und Kultur so zu verändern, dass Missbrauch nicht mehr möglich sei.

Beschuldigter Pastor bekannt für missionarische Arbeit

Der beschuldigte Pastor war in der hannoverschen Landeskirche und bis ins Ausland für seine missionarische Arbeit bekannt. In den 1960er- und 1970er-Jahren sammelte er vorwiegend junge Männer um sich. Ende der 70er Jahre gründete V. die Bruderschaft „Kleine Brüder vom Kreuz“. Sie hatte im Umfeld des pietistisch fromm geprägten Dorfes Hermannsburg bei Celle ihr Zentrum.

Die vierköpfige Kommission aus Juristen und Psychologinnen hatte den Angaben zufolge im Auftrag der Landeskirche im Oktober 2022 die Arbeit aufgenommen.