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Steinmeier: Verbrechen des NS-Staats hatten auch ökonomische Motive

Anlässlich des Jubiläums der für die Entschädigung von NS-Zwangsarbeit gegründeten Stiftung Erinnerung, Verantwortung, Zukunft hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die ökonomischen Motive der Verbrechen der Nazis betont. Es sei eine „lange nicht recht wahrgenommenen Tatsache“, dass der NS-Staat seine Verbrechen nicht allein mit rassenideologischen Begründungen oder aus machtpolitischem Kalkül beging, sagte Steinmeier laut Redemanuskript beim Festakt zum 25. Geburtstag der Stiftung am Dienstagabend in Berlin.

Vielmehr habe er sich dabei auch „auf massiv ökonomisch motivierte Raubzüge“ begeben: an den Jüdinnen und Juden zuerst, den besetzten Ländern sowie den 20 Millionen Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern, deren Arbeitskraft, Gesundheit und Leben er brutal ausgebeutet habe. „Von diesem verbrecherischen Raubzug haben viele profitiert, der Staat ebenso wie die Industrie, wie Handwerk und landwirtschaftliche Betriebe“, sagte Steinmeier.

Die Stiftung Erinnerung, Verantwortung, Zukunft wurde im Jahr 2000 gegründet, um Menschen vor allem aus Osteuropa zu entschädigen, die unter dem NS-Regime zu Zwangsarbeit gezwungen wurden. Das Geld dafür kam vom deutschen Staat und Wirtschaftsunternehmen, in denen Zwangsarbeiter herangezogen wurden. Bis 2007 wurden rund 4,4 Milliarden Euro an symbolischer Entschädigung an etwa 1,66 Millionen frühere Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter ausgezahlt.

Seit Abschluss der Zahlungen engagiert sich die Stiftung weiter dabei, die Erinnerung an das NS-Unrecht wachzuhalten und NS-Opfer in verschiedenen Ländern zu unterstützen. Dass sich die Stiftung weiter mit der Frage der historischen Verantwortung auseinandersetze, sei im Sinne der Bewusstseinsschärfung, sagte Steinmeier. Es gehe darum, aus der historischen Erfahrung zu begreifen, „wie klein die Schritte hin zur Unmenschlichkeit sein können, wie leicht Grenzen überschritten werden, wie wenig verlässlich oft ziviler Umgang miteinander ist“, sagte er zum Jubiläum.