Berlin (epd). Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat sich für eine stärkere Regulierung sozialer Netzwerke ausgesprochen, um Hetze und Falschmeldungen einzudämmen. «Damit Freiheit und Demokratie gewahrt bleiben, braucht es Regeln», sagte er laut Redemanuskript am Montag bei der Veranstaltung «Forum Bellevue». Er kritisierte das Geschäftsmodell von Plattformen wie Facebook und Twitter, das auf
Erregung, Empörung, Wut und Angst ziele. Geschwindigkeit und Zuspitzung würden belohnt, Einseitigkeit und Unwahrheit blieben unwidersprochen, Demagogie und Propaganda zu oft ungerügt. «Das Geschäft mit der Aufmerksamkeit wird zur Gefahr für die Demokratie», sagte Steinmeier in Berlin.
Die Konstruktionsfehler der Plattformen schadeten dem öffentlichen Raum, «und die Demokratie wird zum Kollateralschaden des Geschäftsmodells», sagte das Staatsoberhaupt. Steinmeier kritisierte das bisherige Agieren der Betreiber: «Probleme hat man relativiert oder kleingeredet, keinerlei Haftung für Inhalte übernommen, die eigenen Angebote lieber zum privaten Zimmer für Familienklön und
Urlaubsfotos erklärt – und dennoch Milliarden verdient mit politischem Content und der journalistischen Arbeit anderer.»
Die digitale Revolution sei für die Demokratie Fluch und Segen, Chance und Gefahr zugleich, sagte der Bundespräsident. Es sei eine «urdemokratische Verheißung», wenn in diesem Raum jeder senden und empfangen könne. Zugleich nutzten die Feinde der Demokratie diese Schwachstellen «leider am besten». Mit «Lug und Trug» befeuerten sie die Aufmerksamkeitsmaschinen. «Und am Ende besetzen Aufständische das Kapitol», sagte er mit Verweis auf den Sturm auf das US-Parlamentsgebäude im Januar in Washington.
Steinmeier sprach sich für eine transatlantische Zusammenarbeit bei der Regulierung sozialer Netzwerke aus. «Amerika und Europa haben in diesen Monaten die historische Chance, gemeinsam freiheitliche und demokratische Antworten zu finden», sagte er.