Gedenken in Kassel: Vor fünf Jahren tötete ein Mann aus rechtsextremistischen Motiven den CDU-Lokalpolitiker Walter Lübcke. Zum Gedenken werden 1.000 Gäste erwartet – darunter das deutsche Staatsoberhaupt Steinmeier.
Am fünften Jahrestag der Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke (CDU) wird Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in Kassel für eine Gedenkansprache erwartet. Das teilte die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck am Freitag mit. “Wir sind sehr dankbar, und es bedeutet uns viel, dass Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die Einladung angenommen hat”, so die Initiatoren mit Blick auf die Gedenkfeier am 2. Juni.
Die Gedenkfeier soll auch geistliche Elemente enthalten – zu Beginn werde die Osanna-Glocke der Martinskirche läuten. Im Anschluss ist ein kostenfreies Konzert vor der Kirche geplant. In diesem Jahr werden nach Angaben der Veranstalter etwa 1.000 Gäste in Kassel erwartet. Darunter seien Menschen, die in den vergangenen fünf Jahren für ihr ehrenamtliches Engagement ausgezeichnet wurden und Menschen, die als Deutsche eingebürgert wurden, sowie Mitglieder von Religionsgemeinschaften, Ausländer- und Seniorenbeiräten.
“Dr. Walter Lübcke war ein hochgeachteter, in seiner Behörde und der ganzen Region beliebter und im besten Sinne nahbarer Regierungspräsident”, würdigte der Kasseler Regierungspräsident Mark Weinmeister (CDU) in der Mitteilung den Lokalpolitiker. Das Regierungspräsidium werde sich weiter gegen Hass und Hetze einsetzen. “Hierauf verpflichtet uns das Andenken an Walter Lübcke.” Pfarrer Willi Temme von der evangelischen Kirchengemeinde Kassel-Mitte ergänzte: “Die Erinnerung an den rechtsextremistischen Mord an Walter Lübcke geht unsere ganze Gesellschaft an.”
Lübcke war durch seinen Einsatz für Flüchtlinge deutschlandweit bekannt geworden. Er wurde in der Nacht zum 2. Juni 2019 auf der Terrasse seines Wohnhauses erschossen. Anfang 2021 hatte das Oberlandesgericht Frankfurt den Hauptangeklagten wegen Mordes zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt und die besondere Schwere der Schuld festgestellt. Der Mörder handelte demnach aus rechtsextremistischen Motiven.
Dem Erinnern an Lübcke widmete sich auch eine Veranstaltung in der Frankfurter Nationalbibliothek am Donnerstagabend. Nach dem Ende des parlamentarischen Untersuchungsausschusses zur Ermordung Lübckes diskutierten Experten über den künftigen Verbleib der Akten.
Andreas Hedwig, Präsident des Hessischen Landesarchivs, betonte, dass Behörden zwar verpflichtet seien, Unterlagen den Archiven anzubieten. “Die Sicherheitsbehörden legen allerdings großen Wert darauf, lange exklusiven Zugriff auf die Akten zu haben”, sagte er. Grundsätzlich seien die Kontakte zu den Behörden gut – was allerdings nicht heiße, dass kein Handlungsbedarf bestehe.
David Werdermann, Rechtsanwalt mit Schwerpunkt Informationsfreiheitsrecht, kritisierte die 30-jährige Geheimhaltungszeit vertraulicher Akten. “Ich sehe insbesondere bei den Sicherheitsbehörden, dass sie der Pflicht, ihre Unterlagen beim Bundesarchiv abzugeben, überhaupt nicht nachkommen.” Um etwa behördliches Versagen aufzuklären, brauche es staatliche Unterlagen.