In der Mitte des Ausstellungsraums hängen nebeneinander je ein großformatiges Werk von Pablo Picasso (1881-1973) und Max Beckmann (1884-1950). „Drei Frauen (rhythmisierte Version)“ lautet der deutsche Titel von Picassos Gemälde aus dem Jahr 1908, mit dem er die Kunst revolutionierte, weil die Frauen nur stark abstrahiert in blau-braunem Farbton dargestellt werden. Bei Beckmann dagegen sind auf dem Bild von 1906 „Große Sterbeszene“ eine im Bett liegende tote Frau und drei Personen um sie herum gut zu erkennen, deren Trauer durch große Gesten deutlich wird.
Picasso wendet sich von naturalistischen Darstellungen ab, bereitet den Weg für den Kubismus und zeigt sich auch anderen Stilen gegenüber offen. Beckmann dagegen hält an der Gegenständlichkeit fest und zeigt sich weniger experimentierfreudig. Zwei künstlerische Welten prallen aufeinander – diesen Eindruck hat man häufig in Ausstellung „Pablo Picasso/Max Beckmann. Mensch – Mythos – Welt“, die rund 200 Gemälde und Druckgrafiken präsentiert.
Beide wurden als „entartet“ geschmäht
Dabei zeigt die Ausstellung auch Gemeinsamkeiten dieser Künstler. Beide haben sich gerne in Selbstporträts dargestellt, beide haben zahlreiche weibliche Aktzeichnungen geschaffen, beide widmen sich mit zunehmendem Alter mythologischen Bildwelten. Und bei beiden tauchen die Themen Not, Gewalt sowie die Bedrohung durch den Faschismus auf.
Bei Beckmann, der sich freiwillig als Sanitäter an die Front gemeldet hatte, werden der erste Weltkrieg und die dort erlebten Schrecken zum eindringlichen Erlebnis, das er künstlerisch immer wieder verarbeitet.
Picasso bleibt vom Krieg verschont, er äußert sich politisch erstmals 1937 in seinem mehrteiligen Kunstwerk „Traum und Lüge Francos“ gegen den spanischen Diktator. In der Ausstellung finden sich auch einzelne Motive aus seinem Meisterwerk „Guernica“.
Zeitgleicher Aufenthalt in Paris
In Deutschland wurden Beckmann und Picasso von den Nationalsozialisten als „entartete Künstler“ geschmäht. Beide verließen ihre Heimat und lebten einige Jahre zeitgleich in Paris. Dort haben sie sich allerdings nie getroffen.Und beide sind sich der Kunsttradition bewusst, in der sie stehen. Dabei bezieht sich vor allem Beckmann auf biblische Motive, auch wenn er 1927 in seinem Manifest „Der Künstler im Staat“ die Emanzipation des Menschen gegenüber Gott proklamiert hatte.
1941 gestaltete er in seinem Exil in Amsterdam, wohin er aus Nazi-Deutschland geflohen war, 27 Lithografien zur Apokalypse im Johannes-Evangelium. Einige dieser farbigen Illustrationen werden in Hannover ausgestellt. Der Weltuntergangsstimmung der Gegenwart verleiht er eine biblische Dimension, in dem er zum Beispiel zwei Engel eine Uhr genau um punkt Zwölf schlagen lässt.
Picasso-Bild wird gezeigt
Von Picasso wird etwa das zu seinem Spätwerk gehörende Bild „Sitzende Frau mit gefalteten Händen“ gezeigt, auf der eine nachdenklich wirkende Frau mit übergroßen Händen zu sehen ist. Betet sie?
Die Besuchenden erwartet eine lohnenswerte Schau, allein wegen der eindrucksvollen Werke und der großzügigen Präsentation mit Picassos Bildern vor violettem und Beckmanns Arbeiten vor rotem Hintergrund. Man kann sie bewundern, auch ohne sie zu vergleichen.