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Sozialverbände begrüßen mehr Mietschonfrist gegen Obdachlosigkeit

Wer mit der Miete im Rückstand ist, hat gewisse Schonfristen zur Rückzahlung. Die will die neue Regierung ausweiten. Gut, meinen Sozialverbände. Der Verband der Eigentümer fürchtet negative Folgen für Vermieter.

Mehr Schonfrist im Mietrecht bei Zahlungsrückständen kann laut der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAGW) gegen Obdachlosigkeit helfen. BAGW-Geschäftsführerin Sabine Bösing begrüße die Pläne der Bundesregierung, die Regelung zur Schonfristzahlung auszuweiten, sagte sie dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (Dienstag). Dies sei eine wichtige Stellschraube im Mietrecht, um Mietern in einer Notlage zu helfen und einem Wohnungsverlust vorzubeugen.

Bösing wörtlich: “Das stärkt den sozialen Mieterschutz – insbesondere für Menschen, die unverschuldet in kurzfristige Zahlungsschwierigkeiten geraten sind.” Wer mit der Miete im Rückstand ist und deshalb eine außerordentliche Kündigung erhält, kann diese derzeit abwenden, wenn er die Rückstände binnen zwei Monaten bezahlt. Künftig soll diese Schonfristzahlung einmalig auch auf eine ordentliche Kündigung ausgeweitet werden können.

Bislang habe die ordentliche Kündigung wegen Mietrückständen trotz vollständiger Nachzahlung oft zur Beendigung des Mietverhältnisses geführt, sagte Bösing. Die neue Regelung sei daher sehr zu begrüßen. Sie betonte zugleich, dass es zur Überwindung der Obdachlosigkeit ein ganzes Maßnahmenpaket brauche, allem voran ausreichend sozial geförderten Wohnraum.

Auch die Geschäftsführerin beim Paritätischen Gesamtverband, Katja Kipping, bezeichnete die Verlängerung der Schonfrist als richtigen, aber nicht ausreichenden Schritt. “Wohnen macht viele Menschen arm”, sagte Kipping dem RND; deshalb brauche es mehr bezahlbaren Wohnraum, eine deutlich wirksamere Mietpreisbremse und deutliche Stärkung des Mieterschutzes.

Kritik an den Regierungsplänen kam dagegen vom Eigentümerverband Haus & Grund: “Was auf den ersten Blick wie eine sozialpolitisch begründete Schutzregelung erscheint, führt in der Praxis zu erheblichen Belastungen”, sagte Chefjustiziarin Inka-Marie Storm dem RND. “Schon heute erlebten private Vermieter regelmäßig, dass Mieter trotz wiederholten Zahlungsverzugs das Risiko einer Kündigung in Kauf nähmen und Rückstände anhäuften. Das Mietverhältnis sei in solchen Fällen häufig schon stark belastet; eine einvernehmliche Trennung werde oftmals blockiert.

Bei Nachforderungen von Nebenkosten bleibe der Vermieter gemäß der Pläne “auf einem Teil seiner berechtigten Forderungen sitzen, muss das Mietverhältnis aber dennoch fortführen”, kritisierte Storm. Wer ein solches Mietverhältnis einmal erlebt habe, entscheide sich nicht selten bewusst gegen eine erneute Vermietung. Die geplante Ausweitung erhöhe die Unsicherheit, erschwere ein geordnete Vertragsbeendigung selbst bei Pflichtverletzungen und belaste private Vermieter finanziell wie organisatorisch.