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So klingt Rom – Mit dem Musik-Reiseführer durch die Ewige Stadt

Rom ist nicht nur kunsthistorisch und religiös einzigartig, auch musikalisch hat die Ewige Stadt enorm viel zu bieten. Ein besonderer Reiseführer erzählt klangvolle Geschichten in Wort, Bild – und Ton.

Es sollte die Krönung ihrer langen Liebe werden: die Hochzeit von Franz Liszt und Carolyne zu Sayn-Wittgenstein im Herzen RomsDoch Verwandte der Braut intrigierten beim Papst gegen die Pläne für die zweite Ehe der Katholikin: Die zum Greifen nahe Annullierung ihrer vom Vater erzwungenen ersten Ehe scheiterte; statt Traualtar nur Trauer. Die Liebe kühlte ab, die Fürstin verfasste fortan fromme Bücher, während “Abbé Liszt” ein – fast – mönchisches Leben führte.

Nachzulesen ist die tragische Begebenheit im Musikalischen Rom-Reiseführer von Claudia Kayser-Kadereit. Darin führt die Osnabrücker Musikwissenschaftlerin auf zwölf klangvolle Spaziergänge durch die Ewige Stadt. Das Besondere: Hörempfehlungen zu den 180 beschriebenen Orten von Klassik bis Pop lassen sich über QR-Codes aktivieren.

So kann man zur vereitelten Hochzeit am 22. Oktober 1861, Liszts 50. Geburtstag, seine traurige Arie “Leb wohl, mein Weib” abrufen. Schauplatz des Geschehens war die Kirche San Carlo an der Via del Corso nahe der Via Alibert, wo Liszt (1811-1886) logierte, während seine Muse Carolyne (1819-1887) gleich um die Ecke an der Via del Babuino lebte.

Ein paar Häuser weiter erinnert eine auf Italienisch beschriftete Gedenktafel am einstigen Hôtel d’Amérique an Liszts Schwiegersohn: “Hier wohnte Riccardo Wagner 1876. Von einigen Liebhabern seiner Kunst”. Bereits den jungen Richard Wagner (1813-1883) hatte ein römischer Volksheld zu seiner 1842 in Dresden uraufgeführten Oper “Rienzi” inspiriert. Dessen Namen trägt ganz profan die römische Shoppingmeile Cola di Rienzo im wuseligen Prati-Viertel.

Mit dem Sammeln ihrer Geschichten begann Kayser-Kadereit 2015 als Stipendiatin des Museums Casa di Goethe, wo der Dichterfürst bei seiner Italien-Reise zwischen 1786 und 1788 lebte. Auch die “Grand Tour” von Felix Mendelssohn Bartholdy (1809-1847) war von Goethe beeinflusst und brachte nicht zuletzt seine als “Italienische” bekannte Sinfonie Nummer 4 hervor. “Das ist Italien”, schrieb der Komponist im Oktober 1830: “Und was ich mir, seit ich denken kann, als höchste Lebensfreude gedacht habe, das ist nun angefangen und ich genieße es!”

Neun Jahre später erlebte seine Schwester Fanny (1805-1847) in Rom die Befreiung aus gesellschaftlichen Fesseln. Kaum weniger begabt als ihr berühmter Bruder, war ihr aber als Frau das Ausleben ihrer Talente verwehrt. Bei ihrer Romreise von November 1839 bis Juni 1840 mit ihrem Mann, dem Hofmaler Wilhelm Hensel, verkehrte sie vor allem in Künstlerkreisen der Académie de France in der Villa Medici nahe der Spanischen Treppe, wo sie Anerkennung als Pianistin und Komponistin fand. “O du schönes Italien! Wie reich bin ich durch dich geworden! Welch einen unvergleichlichen Schatz trag’ ich im Herzen zu Haus!”, schrieb sie im Mai 1840.

Sie war es, die französischen Stipendiaten in Rom die Musik Johann Sebastian Bachs nahebrachte. Zu ihnen gehörte auch Charles Gounod (1818-1893), Schöpfer des berühmten “Ave Maria” und Komponist der Vatikan-Hymne von 1869, die erst zum Heiligen Jahr 1950 offiziell eingeführt wurde.

Natürlich sorgen auch Roms nahezu 1.000 Kirchen mit ihren vielen großartigen Orgeln und Ensembles für Sang und Klang; allen voran der älteste durchgängig bestehende Chor der Welt, der päpstliche “Sistina”-Chor. Richard Strauss (1864-1949) allerdings empörte 1886 der Lärm während einer Aufführung in der Sixtinischen Kapelle: “Alles spazierte da auf und ab, schwatzte und lachte wie am Chinesischen Turm”, schimpfte der Münchner.

Franz Liszt trat mehrfach im Vatikan auf, so auch am 20. Juni 1866 vor Papst Pius IX. Dazu schrieb er an Carolyne zu Sayn-Wittgenstein: “Als Belohnung gab mir Seine Heiligkeit eine Schachtel Zigarren.” Dennoch kehrte Liszt nach Deutschland zurück und starb am 31. Juli 1886 in Bayreuth, sieben Monate vor Carolynes Tod am 9. März 1887 in Rom. Ihr Grabmal auf dem deutschsprachigen Campo Santo Teutonico neben dem Petersdom ist bis heute zu besichtigen.