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Skulpturen entfernen und Verantwortung zeigen

UK 22/2017, Antisemitismus (Seite 2: „Das Schwein des Anstoßes“)
Gäbe es keinen Antisemitismus mehr, wären er und Antijudaismus Geschichte – dann, dann vielleicht könnte ich dem Wunsch nach Erhalt der Darstellungen unter Einschränkungen zustimmen.
Doch unsere Umwelt ist bilderlastig. So kann es doch kein anderes Ziel geben, als die antisemitische Schmähskulptur umgehend abzudecken oder – wie im Artikel vorgeschlagen  – „an einen musealen Ort zu Forschungs- und Bildungszwecken“ zu bringen. Natürlich sollte mit allen Darstellungen gleicher oder ähnlicher Aussage ebenso verfahren werden. Die erläuternden Texte, wie in der St. Marien-Kirche in Lemgo, sollten allein „die Geschichte der Judenfeindschaft (…) in der Kirche sichtbar“ machen.
Dass eine „formale Entschuldigung für die Fehler unserer Ahnen ohne aktuelle Einstellungskorrekturen“, so der Brauchtumsforscher Manfred Becker-Huberti, unsinnig ist, dem stimme ich klar zu. Genau daran müssen wir, muss jeder Christ, jede Christin, jeder Mensch arbeiten.
Aus der 1999 erfolgten Änderung von Artikel 1 der westfälischen Kirchenordnung – „Gott, (…) der in dem Juden Jesus, (…) Kirche und Israel gemeinsam zu seinen Zeugen und zu Erben seiner Verheißung macht“ – müssen dringend deutliche und praktisch nachvollziehbare Folgerungen gezogen werden. Dazu gehört, denke ich, vor allem, von und mit jüdischen Menschen zu lernen.
Konsequenz könnte ein Überprüfen der Inhalte der Perikopenordnung, mancher Gesangbuchlieder oder auch Gottesdienstordnungen auf antijüdische Tendenzen, grundsätzliche Überlegungen zum Israelsonntag sein. Auf diese Weise würde im praktischen Lebensvollzug deutlich, dass wir Nachgeborenen der Shoa ernsthaft Verantwortung übernehmen.

Ruth Rogalla, Bochum