Seit mehr als 30 Jahren erforscht der Diplom-Musiktherapeut Wolfgang Bossinger die Wirkungen von Gesang auf Körper, Geist und Seele. 2012 hat er die „Akademie für Singen und Gesundheit“ gegründet. „Wichtigste Voraussetzung für eine heilsame Wirkung des Singens ist, dass es ohne Leistungsdruck geschieht“, erklärt er. In Seminaren und Kursen macht er Amateuren Mut, ihre Hemmungen zu überwinden und die positiven Effekte auf den Körper zu erfahren, die besonders beim Singen in Gemeinschaft entstehen.
Studien belegen, dass durch das tiefe Ein- und Ausatmen die Organe besser mit Sauerstoff versorgt werden, sodass das Atmungssystem gestärkt wird. Die Zwerchfellatmung stärkt nicht nur die Lunge, sondern gleichzeitig auch die gesamte Atemmuskulatur und das Herz-Kreislauf-System. So kann Singen ähnlich fit halten wie regelmäßiger Sport.
Außerdem werden durch Singen Stresshormone abgebaut. „Es wirkt wie ein Antidepressivum“, sagt Bossinger. Denn durch das Singen werde ein fröhlich-stimmender „Glückscocktail“ im Gehirn produziert: Serotonin, Beta-Endorphin, Oxytocin und Noradrenalin erhöhen sich schon nach wenigen Minuten des Singens. Bossinger: „Selbst Menschen mit schweren Erkrankungen wie Depressionen, chronischen Schmerz-Syndromen, Lungenerkrankungen, Demenz oder Sprachverlust nach einem Schlaganfall berichten von deutlichen Verbesserungen durch die Teilnahme an Singgruppen.“
Ein weiterer positiver Effekt ist die Stärkung des Immunsystems. Um die Wirkung auf die Abwehrkräfte nachzuweisen, haben Wissenschaftler Speichelproben von Chorsängern und Menschen verglichen, die eine Stunde lang nur Musik gehört hatten. Die aktiven Sänger besaßen mehr Immunglobulin A im Speichel als die passiven Musikgenießer. Der Antikörper Immunglobulin A zerstört Krankheitserreger und erhöht somit den Schutz vor Infektionen. „Dabei ist es völlig unerheblich, ob jemand schon seit Jahren singt oder ganz neu dabei ist – die positive Wirkung bleibt gleich“, betont Bossinger.
Forscher der schwedischen Universität Göteborg fanden heraus, dass Chormitglieder, die gemeinsam singen, auch ihre Herzfrequenzen aneinander anpassen. Und Chronomediziner Professor Maximilian Moser, Universität Graz, hat erst die Anpassung der Herzfrequenz der Sänger gemessen, als die Probanden sich nur unterhalten haben. Beim anschließenden gemeinsamen Singen schlugen ihre Herzen innerhalb weniger Sekunden gleich.kiz
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Singen ist gesund
Stressfrei und ohne Leistungsdruck singen – das ist eine gute Vorbeugung gegen Depression