Artikel teilen:

Sexualisierte Gewalt: Bischof ruft Kirche zur Wahrhaftigkeit auf

In der Diskussion um Fälle von sexualisierte Gewalt hat der evangelische Landesbischof Oliver Schuegraf aus Bückeburg die Kirche zur Wahrhaftigkeit aufgerufen. Das bedeute, ehrlich auf die Vergangenheit zu schauen und nicht illusionär zu glauben, so etwas gebe es in der Kirche nicht, sagte er am Freitagabend in Seggebruch bei Stadthagen vor der Synode der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Schaumburg-Lippe. Nur so könne die Kirche Hoffnung vermitteln.

„Hoffnungsvoll Kirche zu gestalten bedeutet, individuelle Schuld zu sehen und institutionelles Versagen zu bekennen“, sagte Schuegraf laut Redemanuskript in seinem Bischofsbericht. „Hoffnungsvoll ist das, weil wir auf die Möglichkeit hoffen, es in Zukunft besser zu machen.“ Dabei gehe es darum, „Menschen zu schützen, wachsam und aufmerksam zu sein und immer wieder zuzuhören, was Betroffene uns sagen“.

Die kirchliche Arbeit müsse „traumasensibler“ werden, forderte der Bischof: „Damit Räume entstehen, in denen Personen nicht retraumatisiert, sondern stabilisiert werden.“ Dazu gehöre es auch, dass es in allen Gemeinden Schutzkonzepte gegen sexualisierte Gewalt gebe.

Angebahnt unter dem Deckmantel seelsorglicher Zuwendung hätten Menschen in der Kirche sexualisierte Gewalt erlitten. Doch die Kirche habe nicht an ihrer Seite gestanden: „Verantwortung wurde nicht angemessen zum Schutz Betroffener übernommen.“

Die Kirche müsse lernen und verstehen, dass Traumata nicht einfach verschwänden, betonte Schuegraf: „Sie begleiten Betroffene ihr Leben lang, sind im Körper eingeschrieben, bestimmen das Erleben der Welt. Es wird nicht einfach wieder gut.“ Es gehe darum, mit einem Trauma leben zu können.

Zur schaumburg-lippischen Landeskirche an der Grenze von Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen gehören 22 Gemeinden im nördlichen Landkreis Schaumburg mit zusammen rund 42.500 Mitgliedern. Dort waren in jüngster Zeit mehrere Verdachtsfälle auf sexualisierte Gewalt aus den vergangenen 80 Jahren bekannt geworden.