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Seelsorger: Arbeiter in klimaschädlichen Branchen werden angefeindet

Jahrelang ein stolzer Arbeiter – jetzt als Umweltzerstörer gemobbt: Wer in klimaschädlichen Branchen arbeitet, steht aktuell unter großem Druck. Kirchliche Hilfstelefone schlagen Alarm.

Arbeiter im fossilen Energiebereich sind immer häufiger Mobbing ausgesetzt (Archivbild)
Arbeiter im fossilen Energiebereich sind immer häufiger Mobbing ausgesetzt (Archivbild)Imago / Zoonar

Die Klimaschutz-Debatte hat für einige Arbeitnehmer unerwartete Folgen: Arbeiter in als umweltschädlich geltenden Branchen sehen sich zunehmend persönlichen Anfeindungen ausgesetzt – das berichten Mitarbeiter von kirchlichen Hilfstelefonen.

„Eine steigende Zahl von Arbeitern aus Kraftwerken oder aus dem fossilen Energiebereich und anderen als klimaschädlich eingestuften Branchen rufen bei unserer Hotline an, weil sie nicht mehr weiter wissen“, berichtet Pfarrer Maximilian Heßlein vom „Kirchlichen Dienst in der Arbeitswelt“.

Seelsorger: Arbeiter leiden unter extrem seelischer Belastung

Ihre Arbeit werde als Umweltzerstörung oder als sinnlos kritisiert, und Beschäftigte erhielten plötzlich keinerlei Anerkennung mehr für ihre Arbeit. „Viele erdulden eine massive Geringschätzung, auch im persönlichen, familiären Umfeld. Das ist eine extreme seelische Belastung. Manche müssen erleben, wie eine ganze Erwerbsbiografie zusammenbricht“, beschrieb Heßlein die Schilderungen betroffener Arbeitnehmer.

Selbstverständlich wüssten die Arbeiter, die sich an die Seelsorger wenden, dass Industrie und Energieerzeugung umweltfreundlicher werden müssten. „Und sie wollen ihren Beitrag dazu leisten. Stattdessen werden sie aber als Sündenbock und Umweltverschmutzer beschimpft“, berichtete der Pfarrer.

Unternehmen übersehen häufig Mitarbeiterprobleme

Sein Eindruck sei auch, dass die betreffenden Unternehmen diese schwierige Situation ihrer Mitarbeiter bislang oft nicht erkannt hätten und ihnen daher keine Hilfen anböten. Heßlein und sein Team beobachten insgesamt eine wachsende Zahl von Ratsuchenden wegen Problemen und Mobbing am Arbeitsplatz. „Der Druck steigt“, sagte der Leiter des „Kirchlichen Diensts in der Arbeitswelt“ in Nordbaden. Besonders gefährlich ist laut den Experten, dass Mobbing und Anfeindungen am Arbeitsplatz zu Isolation und Einsamkeit führen können.

Bei den auch von den Kirchen getragenen Angeboten wie der Konflikthotline Baden-Württemberg und zwei Mobbing-Hilfstelefonen Mannheim und Freiburg riefen 2024 rund 750 Personen an. Deutlich mehr als in den Vorjahren. Drei Viertel der Ratsuchenden seien Frauen.