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Schuster: NS-Pogrome “ultimative Demonstration des Judenhasses”

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, hat die NS-Novemberpogrome als “die ultimative Demonstration des Judenhasses” bezeichnet. Zugleich sei der 9. November 1938 eine Demonstration der Gewissheit, dass eine “gewaltige Mehrheit der Deutschen” dem mörderischen Treiben tatenlos zugesehen habe oder Menschen selbst zu Tätern geworden seien, sagte Schuster laut Redemanuskript bei der zentralen Gedenkveranstaltung zum 85. Jahrestag der Novemberpogrome am Donnerstag in Berlin.

“Wenn heute das Existenzrecht Israels deutsche Staatsräson ist, dann heißt das auch, dass das unverrückbar verknüpft ist mit dem Erinnern und Gedenken an den 9. November 1938; an seinen Schrecken, an seine Grausamkeit und an all das, was daraus folgte: die Schoa”, betonte Schuster. “Wer das eine sagt, muss auch das andere sagen. Das ist der logische Schluss, den nicht mehr alle gehen wollen.”

Schuster betonte: “Es ist etwas aus den Fugen geraten in diesem Land. Es ist noch die Gelegenheit, dies zu reparieren, doch dafür muss man sich auch eingestehen, was in den letzten Jahren schiefgelaufen ist, was man nicht hat sehen können oder wollen.” Dazu gehöre auch die Erkenntnis, dass hinter vorgehaltener Hand Antisemitismus in Deutschland bis in die Mitte der Gesellschaft vorgedrungen sei.

Das gelte vor allem für israelbezogenen Antisemitismus, wie sich in diesen Tagen zeige. Angesichts eines stark steigenden Antisemitismus auch in Deutschland nach den Massakern der Hamas in Israel vor einem Monat sagte Schuster, das Jüdinnen und Juden in Deutschland stark, selbstbewusst und mutig seien – trotz großer Angst, die aktuell unter ihnen herrsche. Gerade jetzt sei Schutz gut und wichtig, aber: “Wir wollen frei leben in Deutschland, in unserem Land; frei leben in dieser offenen Gesellschaft.”

Nach unterschiedlichen Schätzungen waren vom 7. bis 13. November 1938 im damaligen Reichsgebiet zwischen 400 und 1.300 Menschen ermordet oder in den Suizid getrieben worden. Mehr als 1.400 Synagogen, Betstuben und sonstige Versammlungsräume sowie Tausende Geschäfte, Wohnungen und jüdische Friedhöfe wurden zerstört. Rund 30.000 Juden wurden in Konzentrationslager verschleppt.