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Schulen leiden unter Lehrkräftemangel – “Kein Reparaturbetrieb”

Zu wenige Lehrerinnen und Lehrer: Dies bleibt laut einer Umfrage das größte Problem an deutschen Schulen. Auch die gesellschaftlichen Erwartungen an Schule stoßen auf Kritik.

Mehr Personal und bessere Ausstattung: So lassen sich die Wünsche von Schulleitungen laut einer Umfrage zusammenfassen. An 3.500 Schulen fehlen mehr als 15 Prozent der Lehrkräfte, wie der Verband Bildung und Erziehung am Freitag in Düsseldorf mitteilte. Er stellte die repräsentative Befragung beim Deutschen Schulleiterkongress vor.

Zwei Drittel der befragten Schulleiterinnen und -leiter forderten mehr Personal – nicht nur bei den Lehrkräften, sondern auch als Stellvertretung, zur Unterstützung bei administrativen Aufgaben oder für multiprofessionelle Teams. Als stärkste Belastung wurden steigende Verwaltungsaufgaben genannt, ein stetig wachsendes Spektrum an Aufgaben sowie Entscheidungen der Politik, die nicht mit Blick auf den Schulalltag getroffen würden. “Es ist ein Fehler, die Expertise aus der Praxis nicht ausreichend in Entscheidungsprozesse einzubinden”, kritisierte der NRW-Verbandsvorsitzende Stefan Behlau.

Zwei Drittel der Befragten (66 Prozent) erklärten zudem, sie würden inzwischen Personen ohne Lehramtsqualifikation beschäftigen. Diese Zahl hat sich laut Angaben in den vergangenen fünf Jahren fast verdoppelt. Quer- und Seiteneinstieg seien einmal als “Bereicherung von außen” gedacht gewesen, so Behlau. Stattdessen füllten Externe längst Lücken “in relevantem Ausmaß”.

Zwar könne der akute Mangel durch Quereinstieg etwas abgemildert werden. Jedoch rechneten 45 Prozent der befragten Leitungen und Haupt-, Real- und Gesamtschulen sowie 48 Prozent der Förder- und Sonderschulen damit, auch künftig “sehr stark” vom Mangel betroffen zu sein. Ein Drittel (34 Prozent) der Leitungen von Grundschulen befürchten demnach, den Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung bis zum Schuljahr 2026/27 nicht umsetzen zu können.

Als sehr starke Belastung nannten zudem 62 Prozent die Erwartungshaltung, dass Schule alle gesellschaftlichen Probleme lösen solle. Dieser Wert ist den Angaben zufolge seit dem vergangenen Jahr gestiegen; damals sagten dies 55 Prozent. “Schule ist kein Reparaturbetrieb”, mahnte Behlau. Er rechne mit einem weiteren Anstieg dieser Belastung, etwa angesichts von Debatten um Verbote palästinensischer Symbole an Schulen.

Der Experte forderte die Politik zum Handeln auf. So reiche es nicht, “allein die Menge der geflüchteten Kinder in den Lerngruppen unterzubringen”. Zusätzliche Herausforderungen durch Integration und Inklusion wurden als zweitgrößte Belastung nach dem Fachkräftemangel genannt. Es brauche spürbare Entlastungen für eine wachsende Zahl alltäglicher Herausforderungen, so Behlau.

Mehr Raum für Nachhaltigkeit wünschen sich 80 Prozent der Befragten – sowohl im Unterricht als auch in der Gestaltung von Gebäuden, der Materialbeschaffung oder in der Kommunikation. “Dies müsste ein Kompass für das tägliche Handeln werden”, sagte Jorrit Holst vom Institut Futur der Freien Universität Berlin.

Eine gute Nachricht ist es laut Behlau, dass ein gutes Drittel (37 Prozent) der Befragten ihren Beruf alles in allem “sehr gerne” ausübe – so viele wie seit Beginn der Corona-Pandemie nicht mehr. 46 Prozent gaben an, ihren Beruf “eher gerne” auszuüben. – Den Angaben zufolge befragte das Meinungsforschungsinstitut forsa bundesweit 1.310 Schulleitungen.