Schauspieler Jonathan Berlin will Straßen, die in seiner Heimat Günzburg nach Verwandten des KZ-Arztes Mengele benannt sind, in “Ernst-Michel-Straße” umbenennen. Er spielt in der ARD die Rolle des Auschwitz-Überlebenden.
Der Schauspieler Jonathan Berlin fordert, nach Verwandten des KZ-Arztes Josef Mengele benannte Straßen in seiner Heimatstadt Günzburg umzubenennen. “Dem Bürgermeister habe ich bereits die Umbenennung in ‘Ernst-Michel-Straße’ vorgeschlagen”, sagte der 31-Jährige, der wie Mengele in Günzburg geboren wurde, der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).
Berlin spielt die Rolle des Auschwitz-Überlebenden Michel im ARD-Doku-Drama “Nürnberg ’45 – Das Angesicht des Bösen”, das am Sonntag ab 21.45 Uhr im Ersten läuft.
Dem aus Mannheim stammenden Ernst Michel gelang 1945 auf einem der Todesmärsche bei der Evakuierung des Konzentrationslagers die Flucht. Nach Kriegsende arbeitete er als Journalist für die von den Amerikanern gegründete Nachrichtenagentur Dana und berichtete für diese ab November 1945 vom ersten Nürnberger Kriegsverbrecherprozess. Später ging er in die USA und leitete dort ein jüdisches Hilfswerk.
“Wir haben es Personen wie ihm zu verdanken, dass Worte für das gefunden wurden, wofür es kaum Worte gibt”, sagte Berlin, der sich politisch gegen den erstarkenden Rechtsextremismus und die AfD engagiert. “Erst kürzlich haben einige Unions-Politiker dafür plädiert, die Brandmauer zur AfD abzubauen. Da frage ich mich, ob die sich ernsthaft mit der Geschichte und den Abgründen des eigenen Landes auseinandergesetzt haben”, so Berlin. “Wir erleben gerade aufs Neue, wie Minderheiten angegriffen werden, Antisemitismus zunimmt, Rassismus wächst, Gedenkstätten attackiert werden und gleichzeitig gut 25 Prozent eine gesichert rechtsextremistische Partei wählen würden.”
Berlin, der bereits häufiger NS-Opfer, aber auch Neonazis spielte, sieht sich auch als Schauspieler in der Pflicht. Er empfinde für die Figuren, die er spiele, “auch im Hier und Jetzt eine Verantwortung”, betonte er. “Wenn ich ein Projekt wie ‘Nürnberg ’45’ zusage, aber nichts gegen die beiden Mengele-Straßen in Günzburg täte, dann würde ich doch letztlich die Figur und Ernst Michel als Person verraten.” Diese Verantwortung bestehe zwar auch ohne die Filmprojekte, werde durch sie aber nochmals erheblich vergrößert.