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Salzgitter: Eine Schuldnerberatung für Flüchtlinge

Immer mehr Geflüchtete verschulden sich durch Unwissenheit und Überforderung. Sie brauchen eine auf ihre finanziellen Probleme zugeschnittene Beratung. Die gibt es in Salzgitter.

Welche Ausgaben sind überflüssig? Die Schuldnerberatung für Flüchtlinge hilft
Welche Ausgaben sind überflüssig? Die Schuldnerberatung für Flüchtlinge hilftepd-bild / Dieter Sell

„Wir haben vor einiger Zeit gemerkt, dass viele Menschen im Stadtteil, wo vor allem viele Geflüchtete aus Syrien leben, sich enorm verschulden“, sagt Petra Behrens-Schröter. Sie ist Beauftragte für Diakonie in Salzgitter. „Deshalb haben wir auf die Situation reagiert.“

Die Begegnungsstätte der Diakonie „Start.Punkt“ im Martin-Luther-Viertel in Salzgitter bietet nun eine speziell auf Menschen mit Migrationshintergrund zugeschnittene Schuldnerberatung an. Sie findet im Rahmen der Migrationsberatung statt.

Viele Gründe für hohe Verschuldung

Hier arbeitet Mohamad Jomaa. Der Betriebswirt hat selbst einen Migrationshintergrund und spricht die Sprache vieler Hilfesuchenden. „Im Stadtteiltreff kann er direkt mit den Leuten reden“, sagt Behrens-Schröter. „Die Schuldnerberatung würde sonst die Migrationsberatung sprengen.“

Für die hohe Verschuldung gibt es viele Gründe. Oft hängen sie damit zusammen, dass Menschen sich nicht im neuen Land auskennen. „Unwissenheit erzeugt Schulden“, sagt er, „die Leute sind mit dem System überfordert und verlieren den Überblick.“ Spielsucht oder Unterhaltszahlungen sind oft verantwortlich, große Ausgaben für Konsum kommen dazu. „Überall gibt es verlockende Angebote, nur selten wird geprüft, ob jemand auch zahlen kann.“

Mohamad Jomaa berät Geflüchtete mit Geldproblemen in Salzgitter
Mohamad Jomaa berät Geflüchtete mit Geldproblemen in SalzgitterPrivat

Alle Menschen mit Beratungsbedarf kämen erst dann zu ihm, wenn der Schaden schon angerichtet sei, sagt Mohamad Jomaa. „Wenn Briefe von Inkassounternehmen oder vom Zwangsvollstrecker eintreffen, wissen die Leute nicht weiter. Es ist erschütternd, wie schnell sie in einer ausweglosen Situation sind.“

Als Erstes schützt er die Konten vor Pfändung, damit der Lebensunterhalt gesichert ist, dann berät er die Betroffenen über mögliche Wege aus den Schulden und leistet Aufklärungsarbeit.

„Ein Mahn- und Klagewesen wie in Deutschland gibt es in den Ländern, wo die Menschen herkommen, nicht“, sagt er. Das müsse er erst einmal erklären, damit die Menschen lernten, ihre Situation einzuschätzen. „Zusätzlich stellen wir einen Haushaltsplan auf, um weitere Schulden zu vermeiden.“

Lange Wartezeiten bei der Verwaltung

Schließlich gehe man auf die Gläubiger zu, um Ratenzahlungen zu vereinbaren oder zu einem Vergleich zu kommen. „Nur die wenigsten leben mit den Schulden weiter, die meisten möchten ihre Lage verbessern“, sagt Jomaa.

Bei Bedarf vermittelt Mahamad Jomaa den Betroffenen auch einen Termin bei der sozialen Schuldnerberatung der Verwaltung in Salzgitter. Doch da sind die Wartezeiten lang, auf Termine warten Betroffene bis zu sechs Monate. Ein sehr langer Zeitraum, um akut Betroffenen helfen zu können.

Schuldnerberatung greift früh ein

„Unsere Schuldnerberatung bei der Migrationsberatung ermöglicht es uns, früher im Alltagsgeschehen einzugreifen“, sagt Petra Behrens-Schröter. Die Diakonie zeige den Betroffenen in der Beratung im „Start.Punkt“, dass es gute Perspektiven gebe. „Für dieses Jahr wird die Stelle noch finanziert“, sagt Petra Behrens-Schröter, „wir hoffen, dass die Arbeit auch darüber hinaus weitergehen kann.“ Der Bedarf ist da.

Beratung gibt es in der Begegnungsstätte „Start.Punkt“ in der Berliner Straße 202 in Salzgitter. Termine lassen sich unter 05341/284 38 86 vereinbaren.