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Rheinland-Pfalz berät über umfassende Reform des Bestattungsrechts

Verschiedene Bundesländer verändern ihre Bestattungsregeln grundlegend. Auch im Parlament von Rheinland-Pfalz wird über das Abschiednehmen debattiert – es wäre die erste Reform seit 42 Jahren.

Die Asche verstorbener Menschen mit einer Kapsel in Flüsse einlassen oder unter Hinterbliebenen verteilen – in Rheinland-Pfalz vielleicht bald möglich. In dem Bundesland soll das Bestattungsrecht umfassend reformiert werden. Im Mai befasste sich nun erstmals der Landtag mit dem Thema. Laut der Mainzer Ampel-Regierung entspricht der Gesetzesentwurf dem modernsten Bestattungsrecht in Deutschland. Man wolle nicht nur Seebestattungen in anderen Bundesländern zulassen. Ziel seien mögliche Flussbestattungen auf den vier größten Flüssen in Rheinland-Pfalz – also Rhein, Mosel, Lahn und Saar, hieß es 2024 bei der Vorstellung der Gesetzesinitiative.

Das Katholische Büro in Mainz, das alle Bistümer in Rheinland-Pfalz vertritt, zeigte sich zurückhaltend und sprach im Dezember bei Bekanntwerden des Vorhabens im Südwestrundfunk von einem “Bruch mit der bislang sensiblen Bestattungskultur in Rheinland-Pfalz”. Es stelle sich demnach bei einer privaten Aufbewahrung von Asche die Frage, ob dies der Ungestörtheit der Totenruhe gerecht werden könne.

“In jedem Fall wird der Schutz der Totenruhe einer Kontrolle entzogen”, sagte Büroleiter Dieter Skala dem SWR. Im Frühjahr legte die Regierung eine zweite Fassung vor. Der Ball liegt nun beim Parlament. Die oppositionelle CDU warnte bei einer Landtagsdebatte vor “grenzenlosem Individualismus”. Ein Ende der Friedhofspflicht sei abzulehnen. “Mit deren Abschaffung schaffen wir unter Umständen auch die Friedhöfe ab”, warnte der Abgeordnete Christoph Gensch.

“Mit ihrem Entwurf des angeblich modernsten Bestattungsgesetzes hat die rheinland-pfälzische Landesregierung nicht den allergrößten Wurf gelandet. Das verdeutlicht der große Aufschrei fast aller betroffenen Verbände – nicht nur, aber besonders auch der Kirchen”, sagte Gensch der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).

Er habe erwartet, dass die Kirchen früher in den Prozess eingebunden würden. Auch seiner Fraktion wäre ein “angemessener und sensibler” Umgang mit dieser Materie lieber gewesen. Immerhin gehe es um die urchristliche Frage des Menschseins – über den Tod hinaus.

“Daher kann ich die Skepsis von Kirchenvertretern verstehen”, so Gensch weiter. Der CDU-Politiker warb für eine parlamentarische Beratung, bei der etwa Glaubensgemeinschaften angehört würden. “Die Kirchen haben sich überfahren gefühlt durch das Gesetzesvorhaben”, erklärte er.

Die SPD-Fraktions- und Parteichefin Sabine Bätzing-Lichtenthäler warb indes für die Reform des seit 42 Jahren unveränderten Gesetzes. Viele Menschen sähen einen Friedhof nicht als richtigen Ort für Trauer oder die eigene Beerdigung, erklärte sie Mitte Mai im Landtag.

Erlaubt werden soll etwa, die Asche eines Verstorbenen zu einem Diamant-Erinnerungsstück verarbeiten zu lassen oder auf mehrere Angehörige aufzuteilen. Neue Regeln sind auch für die Bestattung sogenannter Sternenkinder geplant, also von Kindern, die vor, während oder unmittelbar nach der Geburt gestorben sind.

So sieht der Entwurf unter anderem die Möglichkeit vor, ein Kind mit einem Elternteil beizusetzen, falls beide gemeinsam oder kurz hintereinander gestorben sind – etwa während oder kurz nach der Geburt oder durch tödliche Unfälle. Außerdem ist eine Obduktionspflicht für Kinder bis zum sechsten Lebensjahr vorgesehen, wenn die Todesursache nicht zweifelsfrei geklärt ist. Über all dies und mögliche eigene Vorschläge werden nun die Fraktionen beraten.

Angestrebt wird ein Anhörungsverfahren, um gesellschaftliche Gruppen einzubinden. Wann ein neues Bestattungsrecht letztlich vom Parlament verabschiedet wird, ist derzeit offen. Zuletzt hatte Schleswig-Holstein sein Bestattungsgesetz liberalisiert. Seit Anfang des Jahres ist dort unter anderem eine Beisetzung ohne Sarg möglich; bislang war dies nur aus religiösen und weltanschaulichen Gründen erlaubt.

Im nördlichsten Bundesland wird auch die sogenannte Reerdigung erprobt. Dabei soll der Körper Verstorbener in einem Schnellverfahren kompostiert werden – das verspricht die Berliner Firma Circulum Vitae (Kreis des Lebens). Unter der Marke “Meine Erde” wirbt das Unternehmen damit, dass das Verfahren im Vergleich zu einer Feuerbestattung kein Erdgas verbrauche und daher ökologisch nachhaltiger sei. Die so entstehende Erde darf außer in Schleswig-Holstein auch auf Friedhöfen in Mecklenburg-Vorpommern und Hamburg beigesetzt werden.

Andere Bundesländer warten noch ab und beobachten das Projekt. “Das Interesse ist bundesweit groß. Auch eine Person aus Rheinland-Pfalz wurde inzwischen in Schleswig-Holstein reerdigt”, teilte eine Unternehmenssprecherin auf Anfrage der KNA mit. Bürger interessierten sich für die Methode. Die Sprecherin plädierte für die Möglichkeit einer Beisetzung der Komposterde Verstorbener auch im Heimatort. Interessierte Friedhöfe gebe es.