Die vor fast zwei Wochen bei einem Polizeieinsatz angeschossene gehörlose Zwölfjährige ist nach Aussagen von NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) noch nicht außer Gefahr. Das schwer verletzte Mädchen sei am 17. November sofort ins Krankenhaus gebracht und noch in der Nacht operiert worden, sagte Reul am Freitag in einer Sondersitzung des Innen- und des Jugendausschusses im Düsseldorfer Landtag. Ihr Zustand sei immer noch lebensbedrohlich, aber inzwischen stabil.
Das in einer pädagogischen Wohngruppe in Münster lebende Kind war am 16. November als vermisst gemeldet worden. Die Polizei suchte dringend nach dem Mädchen, da es den Angaben zufolge auf lebenswichtige Medikamente angewiesen ist. In Bochum, wo seine Mutter wohnt, kam es in der Nacht zum 17. November zu dem folgenschweren Polizeieinsatz, bei dem die Zwölfjährige durch einen Schuss aus einer Polizeiwaffe lebensbedrohliche Verletzungen erlitt.
Oberstaatsanwalt Benjamin Kluck vom Justizministerium berichtete am Freitag vor dem Innen- und des Jugendausschuss, dass das Mädchen laut ersten Erkenntnissen mit zwei Küchenmessern in der Hand aus der Wohnung gekommen sei. Daraufhin habe einer der Polizisten einen Schuss abgegeben. Gegen ihn werde wegen versuchten Totschlags und Körperverletzung im Amt ermittelt. Die vier an dem Einsatz beteiligten Beamten schwiegen bisher zu den Vorwürfen.
Innenminister Reul bat darum, sich auch wegen des Schutzes der betroffenen Personen nicht auf Vermutungen und Spekulationen einzulassen. Polizei und Staatsanwaltschaft bräuchten jetzt Zeit für gründliche Ermittlungen, betonte er.
Der gehörlosen Mutter war vor dem Vorfall das Sorgerecht und das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die Tochter entzogen worden. NRW-Familienministerin Josefine Paul (Grüne) sagte, dass der Vormund des Kindes über das Verschwinden am 16. November informiert gewesen sei, ebenso das Landesjugendamt. Auffälligkeiten seien bis dahin nicht bekannt gewesen.