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Rekordanstieg bei Zusatzbeitrag – Kasse fordert Grundreform

Eine neue Prognose zu den Zusatzbeiträgen zur Krankenkasse übersteigt alle bisherigen Befürchtungen. Kassen mahnen grundlegende Strukturreformen an, um die Beitragszahler zu entlasten. Ein Sozialverband geht noch weiter.

Der Krankenkassen-Zusatzbeitrag wird sich laut einer neuen Schätzung drastisch erhöhen. Der GKV-Schätzerkreis spricht für das kommende Jahr über eine Erhöhung um im Schnitt 0,8 Prozentpunkte auf 2,5 Prozent, wie das Bundesamt für Soziale Sicherung bekannt gab. Die Techniker Krankenkasse (TK) fordert deswegen eine grundlegende Reform des Systems. Der Sozialverband VdK mahnt zudem mehr Gerechtigkeit bei der Finanzierung des Gesundheitssystems an.

Für das laufende Jahr erwartet der Schätzerkreis, bestehend aus Experten des Bundesgesundheitsministerium, des Bundesamtes für Soziale Sicherung und des GKV-Spitzenverbandes, demnach Einnahmen des Gesundheitsfonds von 284,2 Milliarden Euro bei Ausgaben der Krankenkassen von 319,7 Milliarden Euro. Für das kommende Jahr wird mit Einnahmen in Höhe von 294,7 Milliarden Euro bei Ausgaben von 341,4 Milliarden Euro gerechnet.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) kommentierte das Ergebnis mit den Worten: “Das deutsche Gesundheitswesen ist das teuerste in Europa, weil es in vielen Bereichen nicht effizient ist.” Insbesondere die Krankenhäuser verursachten hohe Kosten, “das ist eine wesentliche Ursache für die steigenden Krankenkassenbeiträge”. Lauterbach warb daher erneut für die geplante Krankenhausreform, die am Donnerstag abschließend im Bundestag beraten wird.

Der TK-Vorstandsvorsitzende Jens Baas wirft der Bundesregierung hingegen vor, nichts unternommen zu haben, um die Finanzen im Gesundheitssektor zu stabilisieren. “Im Gegenteil: Das Finanzproblem ist so groß wie nie. Das müssen nun die Beitragszahlenden mit deutlich höheren Beiträgen ausbaden.” Es brauche eine grundlegende Strukturreform, unter anderem durch einen dynamisierten Steuerzuschuss zum Krankenkassenbeitrag. “Außerdem müssen neue teure Gesetzesvorhaben auf den Prüfstand. Politisch motivierte Maßnahmen, die Ausgaben erzeugen, ohne die Versorgung spürbar zu verbessern und effizienter zu machen, kann sich das System nicht mehr leisten”, betonte Baas.

Der Sozialverband VdK forderte, dass auch Privatversicherte stärker bei der Transformation des Gesundheitswesens miteinbezogen werden müssen. “Die Regierung sollte endlich eine einheitliche solidarische Krankenversicherung in Angriff nehmen, in die auch bisher Privatversicherte einzahlen”, sagte VdK-Präsidentin Verena Bentele. Nach Rechnung des Verbandes könnten dadurch die Beitragssätze um 3,8 Prozentpunkte gesenkt werden, der Zusatzbeitrag sogar komplett entfallen.

Auch das Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) fordert langfristig angelegte Lösungen, sowohl bei der Finanzierung als auch bei der Behandlung von Patientinnen und Patienten. “Es braucht hier einen Systemwechsel und mehr Anreize für langfristig kostensparende Initiativen wie Prävention, aber auch innovative Behandlungsformen, die die Versorgung effizienter machen”, sagte ZEW-Ökonom Simon Reif. Die Gesundheitspolitik müsse deshalb zielgerichtet neue Innovationen in Behandlung und Versorgung fördern und das System effizienter gestalten.